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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 487<br />

Auf pädagogischer Ebene wird auf die im Handwerk verwirklichte ganzheitliche Situation<br />

betrieblichen Arbeitens und Lernens hingewiesen, die wesentlich von der meisterlichen<br />

Kompetenz des Handwerksmeisters abhänge (Twardy 2003: 123). Es gelte dieses<br />

idealtypische Leitbild meisterlicher Kompetenz als Grundlage individualisierter Marktlösungen<br />

und kulturschaffender handwerklicher Produktion zu bewahren. Andernfalls<br />

drohten ein Qualitätsverlust in der beruflichen Ausbildung, eine sinkende Ausbilderqualität<br />

und eine rückläufige Ausbildungsintensität. Der Gedanke des ganzheitlichen Bildungssystems<br />

ist sicher wichtig und zukunftsweisend. Es ist aber nicht einzusehen, warum<br />

das erwähnte ganzheitliche Bildungsengagement der Handwerksbetriebe nur unter<br />

den Bedingungen des Meisterzwangs verwirklicht werden kann. Schließlich hat es in<br />

Deutschland zwischen der Einführung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert und 1935<br />

auch ohne großen Befähigungsnachweis recht gut funktioniert, und die Schweiz zeigt,<br />

dass ein modernes duales Berufsbildungssystem im Handwerk sehr wohl mit einem<br />

fakultativen Meister als Qualitätssiegel vereinbar ist.<br />

3.2.2.8. Ein dynamischeres Handwerk?<br />

Von der geplanten (Teil-) Liberalisierung der Handwerksordnung sind Impulse <strong>für</strong> den<br />

Wettbewerb auf den Handwerksmärkten zu erwarten. Dies wirkt sich aller Wahrscheinlichkeit<br />

auf längere Sicht eher günstig aus auf die wirtschaftliche Dynamik in den vom<br />

Handwerk dominierten Wirtschaftssektoren. Die mit der Herstellung der Gewerbefreiheit<br />

in den zulassungsfreien Handwerken einhergehende Lockerung der Fixierung auf<br />

über lange Zeiträume hinweg starre Berufsfelder wird viele Unternehmen verstärkt zur<br />

Suche nach einem gewerke- und branchenübergreifenden Engagement animieren. Ein<br />

intensiverer Wettbewerb wird <strong>für</strong> die meisten Marktakteure eher Quelle eines verstärkten<br />

Suchens nach innovativen Lösungen sein als Anlass zur Resignation und Aufgabe.<br />

Zu beachten ist, dass Wachstums- und Beschäftigungseffekte der Novellierung der<br />

HwO auch außerhalb der (juristischen) Grenzen der Handwerkswirtschaft eintreten<br />

werden. Hingewiesen sei z.B. auf IHK-Unternehmen und Freiberufler, die ihre Leistungspalette<br />

durch Aufnahme handwerklicher Tätigkeiten (Anlage B1-Gewerke) und<br />

einfache handwerkliche Tätigkeiten im Umkreis der Anlage A-Gewerke vergrößern.<br />

Auch dies fördert den Wettbewerb auf den Handwerksmärkten. Per saldo sollten diese<br />

Effekte allerdings nicht überschätzt werden. Die numerisch eindrucksvolle Liste der aus<br />

dem Vollhandwerk entfernten Kleingewerke bietet allenfalls gesamtwirtschaftlich marginale<br />

Entfaltungsspielräume <strong>für</strong> nichthandwerkliche Unternehmen auf liberalisiertem<br />

Handwerksterrain. In den meisten der in die Anlage B1 verlagerten umsatzstarken<br />

Handwerke ist kaum mit großem Engagement von nichthandwerklichen Gründern und<br />

Unternehmen zu rechnen.<br />

Das mit der Liberalisierung assoziierte pessimistische Szenario eines schleichenden<br />

Qualitätsverlusts im Handwerk, einer ruinösen Konkurrenz darbender Alleinunternehmer,<br />

eines verstärkten Eintritts großer Filialunternehmen handwerksfremden Ursprungs<br />

in die Handwerksmärkte, eines Rückzugs aus der beruflichen Bildung und eines handwerks-kulturellen<br />

Niedergangs erscheint demgegenüber als denkbar unwahrscheinliche

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