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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel IV: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk in der wissensbasierten Ökonomie 129<br />

gen der Dienstleistungsfreiheit zu eliminieren (hierzu die jüngste Richtlinienvorschlag<br />

der EU-Kommission zur Schaffung eines echten Binnenmarktes <strong>für</strong> Dienstleistungen –<br />

vgl. NZZ 2004a).<br />

Vordergründig scheint hierin <strong>für</strong> das Handwerk wie andere Bereiche der kleingewerblichen<br />

Wirtschaft eine „beruhigende“, bei nüchterner Einschätzung der im Zuge der EU-<br />

Osterweiterung auf längere Sicht anstehenden Entwicklungen indessen eher eine „aufrüttelnde<br />

Botschaft“ zu liegen. Hat sich die europäische Herausforderung <strong>für</strong> die weitaus<br />

meisten Handwerksbetriebe bislang eher in Grenzen gehalten, so kann sich dies mit<br />

dem bevorstehenden Beitritt einer Reihe von „Niedriglohnländern“ auf längere Sicht,<br />

wenn die vereinbarten Schutzbarrieren fallen 63 , stark ändern. Die Entwicklungen in der<br />

Bauwirtschaft in den neunziger Jahren, als die legale Konkurrenz britischer Unternehmer<br />

und Bauarbeiter bzw. von Anbietern aus Südwesteuropa und die (in erheblichem<br />

Maße) illegale Konkurrenz osteuropäischer Arbeitskräfte nur mit „harten Bandagen“<br />

(Entsendegesetz) ausgebremst werden konnte, 64 könnte einen Vorgeschmack dessen<br />

geben, was auf längere Sicht auf Teile des Handwerks zukommen wird.<br />

Bislang freilich sind die grenzüberschreitenden Integrationsprozesse zwischen den lokalen,<br />

vom Handwerk bedienten Märkten längs der deutschen West-, Süd- und Nordgrenzen<br />

eher schleppend verlaufen, soweit sich dies aufgrund der verfügbaren, im Ganzen<br />

recht spärlichen Informationen feststellen lässt. Ernsthafte Verdrängungsprozesse<br />

deutscher, niederländischer oder französischer Handwerksbetriebe durch Wettbewerber<br />

aus dem jeweiligen Nachbarland haben nicht stattgefunden, die grenznahen Märkte ihr<br />

nationales Gepräge nicht verloren. Kulturelle und insbesondere sprachliche Barrieren<br />

dürften hierzu beigetragen haben. Stärker indes wohl noch die Tatsache, dass die ökonomischen<br />

Anreize <strong>für</strong> grenzüberschreitende Handwerksaktivitäten im Verhältnis zu<br />

den westlichen Nachbarländern angesichts eines nur schwach ausgeprägten Preisgefälles<br />

eher gering sind.<br />

Es wäre allerdings ein Fehler, die Wirkungen des Integrationsprozesses auf das Handwerk<br />

allein aus der Sicht des Auftretens kostengünstiger anbietender europäischer<br />

Wettbewerber auf den deutschen Handwerksmärkten zu betrachten. Den Risiken stehen<br />

Chancen gegenüber (vgl. Kucera, König 1990; Müller 1989), wirtschaftliche Herausforderungen<br />

können, richtig pariert, stimulierend wirken. Zwar ist das Handwerk kaum<br />

in Wirtschaftssektoren zu Hause, in denen integrationsbedingte „economies of scale“<br />

eine nennenswerte Rolle spielen könnten und in den wenigen Bereichen, in denen dies<br />

doch der Fall ist, würde sich auch die europäische Konkurrenz der deutschen Hand-<br />

63 Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist <strong>für</strong> die Grenzregionen bis 2006 völlig ausgesetzt und unterliegt bis<br />

2009 noch verschiedenen Beschränkungen, die unter Umständen bis 2011 verlängert werden können.<br />

Auch <strong>für</strong> die Dienstleistungsfreiheit in bestimmten Branchen, wie das Baugewerbe, sind Übergangsregelungen<br />

vereinbart worden (vgl. NZZ 2004b).<br />

64 Aus sozialpolitischer Sicht spricht manches <strong>für</strong> diese Gesetzgebung, integrationspolitisch ist sie<br />

allerdings recht fragwürdig. Der Versuch einer „harten“ empirischen Analyse der Effekte auf Tarifstrukturen<br />

und unternehmerische Anpassungsprozesse in der Bauwirtschaft wurde unserem Wissen<br />

nach bislang nicht unternommen.

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