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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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504 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

Neue Weiterbildungsbedürfnisse können schnell aufgenommen und in bestehende Weiterbildungsangebote<br />

integriert werden. Freilich ist „Modularisierung“ kein Allheilmittel<br />

zur Lösung aller Probleme der beruflichen Bildung. Solange sie sich auf die Umetikettierung<br />

vorhandener Bildungsansätze beschränkt, bewirkt sie nichts (vgl. den kritischen<br />

Kommentar in Herz, Jäger 1998). Wenn die Berufsbildung im deutschen Handwerk<br />

indessen in einem substanziellen Sinne modularisiert würde, könnten sich manche der<br />

heutigen Streitigkeiten um Details der Novellierung der Handwerksordnung erübrigen.<br />

178 Befähigungsnachweise in den gefahrengeneigten Handwerken könnten auf den<br />

harten Kern der gefahrenträchtigen Aktivitäten zurückgeführt werden. Gesellenprüfung<br />

und Meisterbrief wären nach wie vor entscheidende Strukturierungselemente der Berufsbildung<br />

im Handwerk, sie wären aber in einen Kontext lebenslangen Lernens eingebettet.<br />

Der Meister als Qualitätssiegel würde zwar weiterhin eine herausragende Zäsur<br />

in der beruflichen Bildungskarriere des Einzelnen darstellen, die Illusion allerdings,<br />

dass die berufliche Bildung mit dem Erwerb des Meistertitels ein <strong>für</strong> allemal abgeschlossen<br />

sein könnte, wäre aus der Welt geschafft. Die handwerkliche Berufsbildung<br />

würde – <strong>für</strong> jedermann ersichtlich – nicht zwangsläufig in den Meistertitel einmünden,<br />

sondern über diesen hinausweisende Pfade der beruflichen Bildung wären voll in das<br />

System integriert. Last but not least, im praktischen Berufsleben erworbene berufliche<br />

Kompetenz fände endlich die ihr gebührende Anerkennung.<br />

5. Fazit<br />

Das im europäischen Maßstab ungewöhnlich restriktive Handwerksrecht sollte liberalisiert<br />

werden, weil es keine überzeugenden ökonomischen Gründe da<strong>für</strong> gibt, die Meisterhürde<br />

in ihrer bisherigen Form und im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten. Gesellschaftspolitische<br />

Erwägungen, die in den frühen fünfziger Jahren wohl wesentlich<br />

zur Wiedereinführung des großen Befähigungsnachweises geführt haben dürften, haben<br />

im Zuge der gesellschaftlichen und politischen Konsolidierung in Deutschland in den<br />

vergangenen Jahrzehnten stark an Gewicht verloren. Die Aufhebung des Meisterzwangs<br />

in einer Vielzahl von Handwerksberufen, in denen keine gewichtigen Argumente<br />

<strong>für</strong> eine (modifizierte) Beibehaltung der bisherigen Regelung sprechen, bringt mehr<br />

Freiheit <strong>für</strong> den Einzelnen und mehr Wettbewerb. Sie bedarf keiner besonderen Rechtfertigung<br />

durch erwartete wirtschaftliche Effekte. Wahrscheinlich wird sich allerdings<br />

die beabsichtigte (Teil-) Liberalisierung langfristig günstig sowohl auf die Anpassungsprozesse<br />

an die Herausforderungen des Wettbewerbs im Handwerk selber auswirken als<br />

auch zur Verbesserung des Angebots an handwerklichen Leistungen – vor allem im<br />

Zuge einer dienstleistungsorientierten Erweiterung des Angebotsspektrums – führen,<br />

mögliche „Deregulierungsgewinne“ sollten allerdings nicht überschätzt werden.<br />

178 Der ZDH nimmt eine differenzierte Position zur Modularisierung der beruflichen Bildung ein (ZDH<br />

2003a: 83). Sie wird be<strong>für</strong>wortet, sofern sie nicht über die praktizierte Stufenausbildung und das<br />

`Wahlpflichtbausteinkonzept` des Handwerks hinausgeht.

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