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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel V: Strukturwandel im Handwerk I: Branchenübergreifende Aspekte 183<br />

ihre Meisterprüfung vorwiegend im Maler- und Lackiererhandwerk ab, auf das über die<br />

Hälfte aller „weiblich“ bestandenen Meisterprüfungen dieser Gruppe entfallen.<br />

Die radikale Absenkung der Durchfallquoten in den späten neunziger Jahren ist wohl<br />

nicht nur auf eine modernisierte Prüfungspraxis zurückzuführen, sondern auch als eine<br />

Reaktion des Handwerks auf die drängende Nachwuchsfrage zu werten. Sie signalisiert<br />

mithin auch ein zunehmendes Problembewusstsein bezüglich der Regenerationsfähigkeit<br />

des Unternehmensbestandes unter den Bedingungen des Meisterzwangs.<br />

Wie steht es vor diesem Hintergrund um die Zukunft des Unternehmensbestands im<br />

Handwerk? Wir haben prinzipielle Skepsis gegenüber der Berechnung einer wie auch<br />

immer definierten Meisterreserve erkennen lassen, die Existenz einer solchen indessen<br />

nicht bezweifelt. Einstweilen und sogar auf längere Sicht (Müller 2003b) dürfte also<br />

durchaus eine <strong>für</strong> die Aufrechterhaltung der derzeitigen Unternehmensbestandes ausreichende<br />

Zahl von Gründungsberechtigen vorhanden sein. Nicht zu übersehen ist aber,<br />

dass der demographische Entwicklungstrend zwangsläufig dazu führen muss, dass der<br />

Unternehmensbestand im Handwerk auf lange Sicht nicht voll erneuert werden kann,<br />

solange der Meisterzwang gilt. Es sei denn, man lockere diesen durch Erweiterung des<br />

Kreises der Ausnahmebewilligungen so stark, dass die juristische Barriere „obligatorischer<br />

großer Befähigungsnachweis“ ad absurdum geführt wird.<br />

Die öffentliche Diskussion um die Regenerationsfähigkeit des Unternehmensbestandes<br />

im Handwerk geht aber am Kern des hier angesprochenen ordnungspolitischen Problems<br />

vorbei. Letztlich sollte allein der Wettbewerbsprozess entscheiden, wie viele Unternehmen<br />

sich im Rahmen welcher Unternehmensgrößenstruktur und welcher Binnenstrukturen<br />

der Unternehmen auch immer auf den Märkten behaupten und nicht der<br />

Staat, wie dies im Vollhandwerk in den letzten Jahrzehnten in (West-) Deutschland faktisch<br />

der Fall war. Dann wird sich auch das im deutschen mittelstandspolitischen Diskurs<br />

breit thematisierte Betriebsnachfolgeproblem etwas anders darstellen als heute.<br />

Zwar ist es aus volkswirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll, Betriebsübergaben moderat<br />

fördernd zu ermutigen, um unnötige volkswirtschaftliche Kosten von vermeidbaren<br />

Betriebsstilllegungen zu umgehen. Es kann aber nicht Aufgabe des Staates sein, <strong>für</strong> den<br />

Erhalt einer bestimmten Unternehmensstruktur und einer bestimmten Anzahl von Unternehmen<br />

Sorge zu tragen.<br />

2.8. Zwischenfazit<br />

Das Gründungsgeschehen - und praktisch spiegelbildlich hierzu das Liquidationsgeschehen<br />

- im Handwerk ist deutlich verhaltener als in der Gesamtwirtschaft. Insbesondere<br />

der Vergleich zu den handwerksähnlichen Gewerben, in denen mehr und rascher<br />

gegründet wird, man sich aber auch schneller aus dem Markt verabschiedet, deutet auf<br />

einen starken Einfluss des Handwerksrechts auf das Gründungsverhalten: Obwohl „geborene“<br />

kleinbetriebliche Wirtschaftsbereiche, weisen die vom Handwerk dominierten<br />

Sektoren Gründungsmuster auf, die an sich eher <strong>für</strong> den industriellen Bereich typisch<br />

sind.

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