10.12.2012 Aufrufe

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

458 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

ausländische Berufskollegen, welche sich in Deutschland niederlassen. Man spricht in<br />

diesem Zusammenhang mit Recht von einer Inländerdiskriminierung der in Deutschland<br />

beheimateten Handwerker.<br />

Ob bereits die Tatsache, dass in Einzelfällen eine solche rechtliche Benachteiligung von<br />

Inländern aufgetreten ist, den Meisterzwang grundsätzlich in Frage stellt, ist unter Juristen<br />

umstritten. Die einen gehen davon aus, dass die Zahl der auf den deutschen Handwerksmärkten<br />

ohne Meisterprüfung auftretenden ausländischen Handwerksunternehmer<br />

<strong>für</strong> die juristische Bewertung belanglos ist (Monopolkommission 2001: 22; Czybulka<br />

1994). Die anderen sehen die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung von Art. 12 Abs.<br />

1 GG durch den (obligatorischen) großen Befähigungsnachweis erst dann in Frage gestellt,<br />

wenn die Zahl der sich in Deutschland niederlassenden ausländischen Handwerker<br />

quantitativ ins Gewicht fällt (so z.B. Meyer, Diefenbach 2001: 89). Zweifellos ist<br />

die Zahl der bislang <strong>für</strong> EU-Ausländer erteilten Ausnahmebewilligungen begrenzt. Dies<br />

ist aus ökonomischer Sicht in erster Linie als Indiz <strong>für</strong> begrenzte Arbitragemöglichkeiten<br />

beim Engagement auf den Handwerksmärkten des Nachbarlandes zu werten. An den<br />

deutschen Ostgrenzen könnte sich dies nach vollzogener EU-Osterweiterung anders<br />

darstellen, da das hohe Preisgefälle von Deutschland zu den beiden östlichen Nachbarstaaten<br />

<strong>für</strong> Handwerker aus diesen Nachbarländern starke wirtschaftliche Anreize <strong>für</strong><br />

eine handwerkliche Betätigung auf den deutschen Märkten schafft. Das EuGH-Urteil<br />

Corsten (EuGH 2000) führt überdies dazu, dass die Betätigung von EU-Ausländern auf<br />

den deutschen Handwerksmärkten künftig noch wesentlich erleichtert wird. 161 Bereits<br />

heute betätigen sich Handwerker aus den östlichen Nachbarländern auf dem deutschen<br />

Markt - teils legal in Form von Unternehmenskooperationen mit deutschen Handwerksbetrieben,<br />

teils illegal in Form unterschiedlicher schattenwirtschaftlicher Aktivitäten.<br />

Dem Nichtjuristen fällt es hierbei schwer einzusehen, warum die Inländerdiskriminierung<br />

erst dann zum verfassungsrechtlichen Problem werden sollte, wenn eine „kritische<br />

Masse“ ausländischer Nichtmeister auf den heimischen Märkten aktiv wird. Auch fiele<br />

es schwer, fundierte ökonomische Kriterien da<strong>für</strong> anzugeben, wann genau diese „kritische<br />

Masse“ erreicht sein soll.<br />

Mit dem geltenden europäischen Recht ist die hier auftretende Inländerdiskriminierung<br />

allerdings durchaus vereinbar. Aus europäischer Perspektive kommt es darauf<br />

an, dass die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs nicht<br />

im wirtschaftlichen Verkehr der europäischen Staaten untereinander durch Aufbau protektionistischer<br />

Hürden behindert wird. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es hingegen<br />

überlassen, Marktzugangsvoraussetzungen <strong>für</strong> die der eigenen Rechtshoheit unterworfenen<br />

Wirtschaftssubjekte zu definieren. Die Inländerdiskriminierung ist, mit anderen<br />

Worten, ein Problem der nationalen Gesetzgebung und Rechtsprechung. Die Autoren<br />

fühlen sich fachlich nicht dazu berufen und befähigt, den juristischen Sachverhalt in<br />

161 Ein neues Urteil des EuGH (Az: C 167/01, „InspireAct“) in Sachen „private limited company“ könnte<br />

<strong>für</strong> deutsche Gesellen ohne Meisterbrief die Möglichkeit eröffnen, vom Ausland aus in Deutschland<br />

handwerklich tätig zu werden (vgl. Handelsblatt 2003).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!