RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

Kapitel IX: Europäischer Vergleich 417
hen, dass die Beschäftigtenstatistik 2000 zwar 518 000 „self-employed“ 129 registriert,
jedoch nur 229 000 Bauunternehmen. 289 000 Selbständige qualifizierten sich somit
nicht für einen Eintrag in das britische Unternehmensregister.
6. Preise, Kosten, Leistungen: Eine erste Annäherung
Darüber, wie effizient die „Handwerksmärkte“ in den europäischen Ländern sind, können
letztlich nur komparative Untersuchungen der betreffenden Märkte Auskunft geben.
Vergleichende Urteile über Leistungspalette, Qualität und Preise der Leistungen
von Handwerkern basieren, so zeigt sich beim näheren Hinsehen, fast immer auf intuitiven
und für wissenschaftliche Untersuchungen schlecht geeigneten Einschätzungen.
Hier klafft somit nach unseren Recherchen eine große Forschungslücke. Es liegen keine
Studien vor, welche europäische Märkte in den uns hier interessierenden kleinbetrieblich
dominierten Wirtschaftsbereichen grenzüberschreitend vergleichend analysieren.
Bestenfalls sind Informationen über Marktstrukturen für bestimmte Bereiche verfügbar,
soweit in diesen Großunternehmen tätig sind. Über Verhaltensmuster und Strategien
der Marktteilnehmer und Marktergebnisse liegen dagegen fast keine tragfähigen
Informationen vor.
Auf voll integrierten Märkten gilt, so lehrt uns die mikroökonomische Theorie, das Gesetz
der einheitlichen Preise. Arbitrageprozesse zwischen den räumlich entfernten
Marktsegmenten sorgen dafür, dass Preisdifferenzen nicht größer sind als die aus den
Transportkosten erwachsenden Preisunterschiede. Die empirische Forschung zeigt nun,
aber, dass in der Praxis mannigfache und über lange Zeiträume stabile Abweichungen
im Preisniveau und in den Preisstrukturen auch solcher Märkte auftreten, die gemeinhin
als hoch integriert gelten (Europäische Kommission 2001). Beispiele sind die hohe
Preisstreuung auf den Gütermärkten der Vereinigten Staaten und erhebliche Unterschiede
im Preisniveau der nordamerikanischen Bundesstaaten. In der Europäischen Union
sind diesbezügliche Unterschiede bislang, was angesichts des prozessualen Charakters
des europäischen Integrationsprozesses nicht überrascht, gemeinhin noch ausgeprägter
als in Nordamerika. Die Einführung des Euro macht die diesbezüglichen Unterschiede
deutlicher, als sie dies für die Verbraucher zuvor waren. Er begünstigt wohl auch stellenweise
einen Konvergenzprozess der Preise, zum Verschwinden wird er, so lässt sich
aus der US-amerikanischen Erfahrungen folgern, indessen die Preisdifferenzen in der
Eurozone nicht bringen.
129 Die Übersetzung der Ausdruck „self-employed“ durch „Selbständige“ ist missverständlich. Briten
und Amerikaner denken bei „self-employed“ normalerweise nicht in erster Linie an unternehmerisch
gesinnte Freiberufler, sondern an Kleinstgewerbetreibende mit bescheidenem Einkommen, deren
Unternehmen kaum eine Wachstumsperspektive hat. Deutsche assoziieren mit den „Selbständigen“
im Allgemeinen eher wohl situierte Freiberufler und kleine Unternehmer, nicht aber die vielen beispielsweise
im Sozioökonomischen Panel (SOEP) ausgewiesenen Selbständigen mit sehr niedrigem
Einkommen. Die Debatte um die sog. Scheinselbständigen hat auf die Untiefen des Selbständigenbegriffs
hingewiesen. Britische „Scheinselbständige“ werden nach dortigem Verständnis natürlich
nahtlos der Gruppe der „self-employed“ zugerechnet.