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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VII: Strategien und Anpassungsprozesse auf betrieblicher Ebene 333<br />

– So sind beispielsweise die Hersteller von Sanitär-, Heizungs- und Klimaanlagen<br />

darauf angewiesen, dass ihre Produkte über das SHK- Handwerk an den Verbraucher<br />

gelangen. Sie sichern daher den Handwerksbetrieben exklusive Bezugsrechte<br />

zu und bieten weitere Unterstützungsleistungen an, nicht zuletzt, um die fachgerechte<br />

Installation und damit eine Zufriedenheit bei der Kundschaft sicherzustellen. Gegen<br />

diese exklusive Vertriebsform gibt es allerdings wettbewerbsrechtliche Bedenken,<br />

die Gegenstand eines Verfahrens vor der EU-Kommission waren (vgl. Entscheidung<br />

zum Grohe - Vertriebssystem EU-Amtsblatt L019 vom 23.1.1985). So<br />

führte der Bundesverband der Selbstbedienungswarenhäuser Beschwerde gegen eine<br />

exklusive Belieferung des Sanitärfachhandels und -handwerks. Im Gegensatz dazu<br />

verwies die Firma Grohe darauf, dass Sanitärarmaturen als Halbfertigprodukte des<br />

fachmännischen Einbaus bedürften sowie mit der Vertriebsbindung gleichzeitig eine<br />

fachkundige Beratung und die Pflicht zur Bereitstellung fachlich geschulten Personals<br />

verbunden sei. Die EU-Kommission jedoch bewertete das Grohe-Vertriebssystem<br />

als schwerwiegende Absatzbeschränkung und damit als Einschränkung des<br />

Wettbewerbs, da alle Einzelhändler, die keine Sanitärinstallateure sind, vom Bezug<br />

und Vertrieb dieser Waren ausgeschlossen sind. Gleiches gilt <strong>für</strong> Großhändler, die<br />

auch Nichthandwerker mit Grohe-Waren beliefern (EU-Amtsblatt Rdnr. 16).<br />

Aus Sicht des einzelnen Handwerksunternehmens hängt dabei die Entscheidung <strong>für</strong><br />

oder gegen ein Franchisesystem als möglicherweise geeigneter Vertriebsform vor allem<br />

von der Vertragsgestaltung ab. Franchise-Verbände und auch die allgemeine Rechtsprechung<br />

haben hier eine Reihe von Leitlinien und Grundsätzen <strong>für</strong> Franchise-Verträge<br />

erarbeitet. Grundsätzlich weichen die Regelungen und Vertragsinhalte bei Franchisesystemen<br />

stark voneinander ab. Die Spannweite reicht hier von lockerer Kooperation bis<br />

hin zu arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen ohne Dispositionsspielraum bei gleichzeitiger<br />

Übernahme des unternehmerischen Risikos durch den Franchisenehmer. Besonders<br />

wichtig <strong>für</strong> den Franchisenehmer ist die Kenntnis der Kosten, die ihn als Mitglied des<br />

Systems erwarten: Eintrittsgelder, Eigenkapital, Investitionssummen, und Systemgebühren.<br />

Da viele Systeme gehobene Marktsegmente anstreben, sind beispielsweise die Standards<br />

<strong>für</strong> die Geschäftsräume und die Ausstattung hoch angesetzt. Die Mehrzahl der<br />

Franchisegeber bieten allerdings Finanzierungsmöglichkeiten an.<br />

Die mit dem Franchising verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile können beträchtlich<br />

sein. Sie umfassen die Gründung über ein fertiges Konzept, den Know-how<br />

Transfer durch den Franchisegeber; die Sicherung eines festgelegten Qualitätsniveaus<br />

im Verbund, Effizienzgewinne durch Verlagerung mehrfach anfallender Aufgaben auf<br />

die Zentrale, Finanzhilfen durch Franchisegeber, Marketingvorteile durch überregionalen<br />

Marktauftritt und Werbung, die teilweise Zusicherung von Gebietsschutz und mitunter<br />

regelmäßige Erfa-Gruppen - Treffen mit dem Ziel der gemeinsamen Weiterentwicklung<br />

des Systems. Dem stehen allerdings auch mögliche Nachteile gegenüber. So ist<br />

Franchising als Vertriebssystem im Verbund anfällig <strong>für</strong> zentrale Fehler im Marketing.<br />

Außerdem schränkt dieses System die unternehmerische Selbständigkeit ein, im Extremfall<br />

bis zur Scheinselbständigkeit, da z.B. Warenmengen nur über Zentralen bezo-

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