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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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160 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

In historischen Ausnahmesituationen wurden Ausnahmebewilligungen allerdings<br />

auch sehr großzügig gewährt. 75<br />

− Individuelle Gründungsprozesse stellen sich auch im Handwerk komplex dar. Gründungswünsche<br />

werden nicht immer umgesetzt. Gründungsprojekte scheitern schon<br />

kurz vor oder nach dem Eintrag in die Handwerksrolle aus objektiven und subjektiven<br />

Gründern.<br />

− Wie alle anderen Unternehmensgründungen sind Handwerksgründungen in den ersten<br />

Jahren besonders existenzgefährdet (in der Gründungsliteratur als „liability of<br />

newness“ thematisiert). Das Sterberisriko von Jungunternehmen steigt nach dem<br />

ersten Jahr stark an, erreicht im dritten Jahr einen Höhepunkt, geht darauf langsam<br />

zurück und nimmt etwa nach dem fünften Jahr stark ab. Lange im Markt befindliche<br />

Unternehmen sind viel weniger wirtschaftlich existenzgefährdet als Jungunternehmen.<br />

− Manche Handwerksgründer scheitern wie nichthandwerkliche Gründer mit ihrem<br />

Gründungsprojekt schon in der Frühphase des Gründungsversuchs, manche bringen<br />

es überhaupt nicht zur Geschäftsaufnahme, andere sehen sich nach einigen Jahren<br />

oder Jahrzehnten aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen zur Aufgabe gezwungen.<br />

Die Betriebsaufgabe kann indessen auch Ergebnis einer „strategischen“<br />

Entscheidung eines rational handelnden, erfolgreichen Unternehmers sein (Headd<br />

2003). 76<br />

− Manche der im ersten oder zweiten Anlauf gescheiterten Handwerksgründer unternehmen<br />

einen zweiten, dritten oder gar vierten Anlauf zur Gründung eines eigenen<br />

Unternehmens.<br />

Die unternehmerische Praxis entspricht somit nur zum Teil dem in Mittelstandskreisen<br />

gepflegten Idealbild des Jahrzehnte währenden, im günstigen Fall über mehrere Generationen<br />

hinweg bestehenden Familienbetriebs. Das betriebswirtschaftliche Denken und<br />

die verbandliche Rhetorik des Handwerks orientiert sich allerdings noch stark am Ideal<br />

des „bestandsfesten“, allenfalls durch die natürliche Generationenfolge existenziell in<br />

Frage gestellten Handwerksbetriebs. Dies mag erklären, warum die „Bestandsfestigkeit“<br />

der Handwerksgründungen in den letzten Jahrzehnten eine solch zentrale Rolle im öffentlichen<br />

Diskurs über das Handwerksrecht einnahm.<br />

würden diese deswegen allerdings noch längst nicht als „liberal“ etikettieren. Immerhin wurden 2001<br />

jedoch insgeamt 9.421 Ausnahmebewilligungen (unveröffentliche Angaben des BMWA) erteilt, das<br />

sind, bezogen auf die Gesamtzahl der Handwerksgründungen immerhin 34,4 %.<br />

75 Besonders natürlich in den ersten Jahren nach Wiedereinführung des großen Befähigungsnachweises<br />

im Jahre 1953 in Westdeutschland und nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland.<br />

76 Solche Veräußerungsstrategien sind zweifellos im Handwerk keine „normale“ Erscheinung, in aufstrebenden<br />

innovativen Branchen sind sie dagegen durchaus verbreitet.

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