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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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446 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

hen, im internationalen Maßstab sonst kaum erreichten, Leistungsstand erzielt. Das<br />

Handwerk sei im Gefolge der Einführung des großen Befähigungsnachweises zum entscheidenden<br />

Träger einer qualitativ hoch stehenden beruflichen Erstausbildung im gewerblichen<br />

Bereich geworden. Kaum ein anderer Wirtschaftsbereich weise so hohe<br />

Selbständigenquoten wie das Handwerk auf, weil hier dank großem Befähigungsnachweis<br />

eine Selbständigenkultur in besonderer Weise gepflegt würde. Die obligatorische<br />

Meisterausbildung sichere eine besonders hohe Bestandsfestigkeit der deutschen Handwerksunternehmen<br />

und garantiere einen hohen Qualitätsstandard im deutschen Handwerk.<br />

Die ungewöhnlich großen durchschnittlichen Betriebsgrößen seien Ausdruck der durch<br />

die Meisterausbildung bewirkten Solidität der Meisterbetriebe, nicht hingegen Ergebnis<br />

eines gedämpften Wettbewerbs. Das Innovationsgeschehen im Handwerk würde nicht<br />

gehemmt, sondern gefördert. Die Handwerkswirtschaft zeichne sich durch eine ungebrochene<br />

wirtschaftliche Dynamik aus, die z.B. im regen Gründungsgeschehen, dem<br />

ausgeprägten innerhandwerklichen Strukturwandel und in der Bereitschaft vieler Handwerksbetriebe,<br />

sich auf neue Geschäftsideen einzulassen, zum Ausdruck käme. Das<br />

Handwerk sei bei ungezügeltem Markteintritt besonders anfällig gegen ruinöse Konkurrenz,<br />

die zur Verdrängung guter handwerklicher Qualität durch Pfuscharbeit führe. Der<br />

Verbreitung marginaler Existenzen im Handwerk würde durch die Pflicht zur Meisterprüfung<br />

Einhalt geboten und die dank Meisterausbildung hohe Lebensdauer handwerklicher<br />

Gründungen führe dazu, dass volkswirtschaftliche Verluste infolge hoher Marktfluktuation<br />

vermieden würden.<br />

Am modernen ökonomischen Denken orientierte Argumente zugunsten des großen<br />

Befähigungsnachweises bedienen sich vor allem institutionenökonomischer Denkmuster<br />

(z.B. Klemmer, Schrumpf 1999; Kucera, Strathenwerth 1990; Köster 1999b). Im<br />

Handwerk spiele eine hoch individualisierte Produktion eine dominierende Rolle. Durch<br />

die Meisterprüfung werde die Einhaltung technischer Mindeststandards gesichert, welche<br />

dem Verbraucher bei Inanspruchnahme der vom Handwerk erstellten Vertrauensgüter<br />

vor Risiken bewahre, die ansonsten nur über ein <strong>für</strong> Produzenten und Verbraucher<br />

kostspieliges Haftungsrecht auszugleichen seien. Der große Befähigungsnachweis erweise<br />

sich als ideales Instrument, um die bei Bereitstellung von Vertrauensgütern anfallenden<br />

Informations- und Transaktionskosten zu minimieren, wohingegen die vor allem<br />

in den Vereinigten Staaten anzutreffenden dominierenden haftungsrechtlichen Regelungen<br />

unter volkswirtschaftlichem Aspekt weitaus ungünstiger zu beurteilen seien. Die<br />

Abschaffung der Meisterprüfung könne zur Reduzierung der Qualität handwerklicher<br />

Produkte und Leistungen führen sowie zu ruinöser Konkurrenz, die letztlich eine suboptimale<br />

Allokation der Ressourcen bewirke. Das per Meisterbildung kumulierte Humankapital<br />

würde über das Ausbildungsengagement der Handwerksbetriebe an die Auszubildenden<br />

weitergegeben, woraus per saldo ein positiver volkswirtschaftlicher Bildungseffekt<br />

resultiere. Auf soziologischer Ebene wird auf die Bedeutung des großen<br />

Befähigungsnachweises <strong>für</strong> eine „Kultur der Solidität“ hingewiesen, die wesentlich zu<br />

dem hohen Leistungsstand der deutschen Industrieproduktion beigetragen habe.

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