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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 489<br />

tungshandwerk und Produzierendem Handwerk, zwischen Selbständigen, Gesellen,<br />

kaufmännischen Mitarbeiter(inne)n und angelernten Kräften sowie zwischen den Unternehmern<br />

unterschiedlicher Größenordnung. Die Statistik subsumiert unter das Handwerk<br />

eine breite Palette von Unternehmen unterschiedlichster Größe und Organisationsformen,<br />

die vom kleinen Nebenerwerbsunternehmen bis zum großen, hierarchisch organisierten<br />

mehrbetrieblichen, deutschlandweit agierenden Unternehmen reicht. Die Heterogenität<br />

der Handwerkswirtschaft hat überdies seit 1953 im Zuge des betrieblichen und<br />

sektoralen Strukturwandels stark zugenommen. Die Handwerkerschaft ist im 20. Jahrhundert<br />

zunehmend in einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft aufgegangen (Lenger<br />

1988: 203-206). Die wirtschaftsrechtliche Sonderstellung des Handwerks hat nicht verhindert,<br />

dass die Handwerkerschaft ihre im 19. Jahrhundert noch klar erkennbare Identität<br />

als klar zu identifizierende soziale Schicht zunehmend eingebüßt hat.<br />

Gleichwohl ist der Grad sozialer Kohäsion in der Handwerkerschaft wohl auch heute<br />

noch deutlich größer als in den meisten anderen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft.<br />

Die Pflege handwerklicher Traditionen, das Ausmaß des nebenberuflichen sozialen Engagements<br />

vieler Handwerker in den Handwerksorganisationen ist beachtlich. „Tradition“<br />

meint hierbei allerdings keineswegs die unveränderte Fortschreibung vorindustrieller<br />

Gebräuche und Praktiken, sondern das bewusste, in Intentionen und Ausdrucksmitteln<br />

durchaus moderne Anknüpfen an überlieferte Formen sozialen Seins. Das Handwerk<br />

insgesamt und die Handwerksorganisationen im Einzelnen leisten einen bedeutenden<br />

Beitrag zur Entfaltung und Regeneration der <strong>Institut</strong>ionen der „civil society“ in<br />

Deutschland. Hierbei sollte allerdings nicht der Eindruck entstehen, dies alles sei eine<br />

Folge des großen Befähigungsnachweises. Die Dinge liegen vielmehr umgekehrt: Die<br />

Einführung des Meisterzwangs ist Ausdruck des hartnäckigen Wirkens einer überaus<br />

erfolgreichen „pressure group“. Schließlich ist dieser zu einem Zeitpunkt eingeführt<br />

worden, als das Handwerk längst auf eine über hundertjährige Geschichte einer erstaunlich<br />

erfolgreichen Handwerkerbewegung zurückblicken konnte, der bis 1935 nur eines<br />

versagt geblieben ist – die Erfüllung des zentralen Postulats des großen Befähigungsnachweises.<br />

Es spricht alle Wahrscheinlichkeit da<strong>für</strong>, dass die Handwerkerbewegung auch die jetzt<br />

geplante Einschränkung des Meisterzwangs, bzw. gegebenenfalls zu einem späteren<br />

Zeitpunkt auch die gänzliche Wiedereinführung der Gewerbefreiheit im handwerklichen<br />

Bereich, unbeschadet überstehen würde. Die soziale Existenz traditionsbewusster Zirkel<br />

des Handwerks würde durch eine solche Entwicklung sicher nicht in Frage gestellt.<br />

Auch würde sich wohl kaum etwas an der im Vergleich zu den Industrie- und Handelskammern<br />

überdurchschnittlichen Identifikation der Handwerkerschaft mit den Handwerkskammern<br />

ändern.<br />

3.2.2.10. Selbständigenkultur<br />

Ein spezieller Beitrag des Handwerks zur Regeneration und Entwicklung des Mittelstandes<br />

verdient es besonders hervorgehoben zu werden. Insbesondere aus Kreisen<br />

des Handwerks wird häufig auf die Bedeutung der handwerklichen Tradition und des

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