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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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358 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

Die Analyse des Beschäftigtenbesatzes ergibt sich, dass in Süddeutschland sowohl das<br />

Elektro- und Metallgewerbe, das Holz- und das Nahrungsmittelgewerbe, die Textilbranche,<br />

die Glas-, Papier- und Keramischen Gewerke sowie der Musikinstrumentenbau<br />

stark vertreten sind. Die beachtliche Präsenz der genannten Gewerbegruppen ist eng mit<br />

der historischen Entwicklung der südlichen Regionen Deutschlands verbunden. Gerade<br />

das Land Baden-Württemberg stellt ein oft zitiertes Beispiel <strong>für</strong> sich relativ spät aus<br />

dem Handwerk entwickelnde Industrien dar (Boesler 2001, Grotz 1998). Das heute<br />

stark großbetrieblich organisierte Produzierende Gewerbe in Baden-Württemberg besitzt<br />

seine Wurzeln in zahlreichen Kleinstbetrieben, in denen die Heimarbeit dominierte.<br />

Das Textilhandwerk prägte vor allem die Schwäbische Alb. Die Uhrenherstellung konzentrierte<br />

sich im Schwarzwald. Die ausgedehnten Waldgebiete boten ebenfalls günstige<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> das Holz- und Papiergewerbe. In den bedeutenden Residenz-<br />

und Handelsstädten – Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart, Heidelberg sowie Heilbronn,<br />

Ulm und Freiburg – wurden auch hochwertige Handwerksprodukte stark nachgefragt,<br />

beispielsweise Gold- und Silberschmuck, Uhren, luxuriöse Kleidung und Schuhwerk.<br />

Diese Nachfrage besteht auch heute noch. Indessen wird sie nunmehr v.a. durch ausländische<br />

Hersteller bedient. Das Uhrengewerbe sowie die Textilhandwerke durchlebten in<br />

den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts schwere Krisen, die mit einem massiven Abbau<br />

von Arbeitsplätzen und dem Konkurs namhafter Firmen verbunden waren.<br />

Eine weitaus bessere Entwicklung konnten die Metall- und Elektrohandwerke verzeichnen.<br />

Relativ früh gelangten in Süddeutschland Formen staatlicher Politik zum Zwecke<br />

der Gewerbe- und Ausbildungsförderung zur Anwendung. Sie bildeten eine entscheidende<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass sich aus den technischen Handwerken bereits zur<br />

Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine industrielle Struktur herausbildete, welche auf<br />

der arbeitsintensiven Herstellung innovativer Produkte mit einem hohen Qualitätsanspruch<br />

basierte. Dabei waren und sind bis heute zahlreiche Handwerksbetriebe als Zulieferer<br />

in die industriellen Produktionssysteme der Metallverarbeitenden Industrie, des<br />

Maschinenbaus und der Fahrzeugindustrie eingebunden. Sie können diese Stellung jedoch<br />

nur behaupten, indem sie permanent und mit hoher Flexibilität auf die sich schnell<br />

ändernden Anforderungen ihrer Abnehmer reagieren. Zu diesen zählen Firmen wie<br />

Bosch und Daimler-Benz, Porsche und Dürr. Im benachbarten Freistaat Bayern sind<br />

metallverarbeitende Handwerksunternehmen u.a. in die Zuliefersysteme der Automobilproduzenten<br />

BMW und Audi integriert.<br />

Die Bedeutung des süddeutschen Metall- und Elektrohandwerks <strong>für</strong> die Zuliefersysteme<br />

der exportstärksten Industriezweige kann durch den in Tabelle VIII-7 vorgenommenen<br />

Vergleich zumindest angedeutet werden. Hier sind die gemeinsamen Anteile Baden-<br />

Württembergs und Bayerns sowie Nordrhein-Westfalens an den relevanten Gewerken<br />

auf vorgelagerten Produktionsstufen dargestellt. Die Integration des Metall- und Elektrohandwerks<br />

in die industriellen Zuliefersysteme stellt ein noch zu wenig erforschtes<br />

Feld dar und sollte in Zukunft stärkere Beachtung finden.

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