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Standardwerk über das islamische Recht - Mittelstand PRO NRW

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g 9 Buch V. Richter und Gerichtsverfahren. Anmerkungen. 70Q<br />

anderen Kenntniss hat, aus, damit jede sich <strong>über</strong> den Zeugen bei<br />

Bekannten und Nachbarn erkundige, speciell dar<strong>über</strong>, ob der be-<br />

treffende <strong>das</strong> Zeugniss auf sich nehmen könne, und ob zwischen<br />

ihm und dem Verklagten oder ihm und dem Kläger ein solches<br />

Verhältniss (z. B. Verwandtschaft oder Freundschaft) bestehe,<br />

welche ihn zur Zeugnissablegung incapacitirt. Die beiden Boten<br />

kehren dann zum Richter zurück und berichten <strong>über</strong> <strong>das</strong> Erkundete<br />

in der Form eines Zeugnisses, d. h. jeder von ihnen erklärt: ,,Ich<br />

bezeuge nach dem Zeugniss der Leumundszeugen (d. i. der Be-<br />

kannten und Nachbaren des Zeugen), <strong>das</strong>s der Zeuge unbescholten lo<br />

ist."<br />

Gegen dies Verfahren hat man eingewendet, <strong>das</strong>s dies Zeugniss<br />

<strong>das</strong>jenige eines Zeugen zweiter Hand ist, und <strong>das</strong>s ein solches nicht<br />

angenommen werden soll, so lange ein Zeuge erster Hand vor-<br />

handen ist. Darauf ist zu erwidern, <strong>das</strong>s in diesem Falle diese<br />

Art Zeugniss gelten muss, weil man die Leumundszeugen erster<br />

Hand nicht zwingen kann vor dem Richter zu erscheinen.<br />

Für den primären Leumundszeugen gelten dieselben Vorschriften<br />

wie für den Zeugen im Allgemeinen. Vgl. § 21. So kann ein<br />

Ascendent nicht gegen seinen Descendenten, ein Descendent nicht 20<br />

gegen seinen Ascendenten als Leumundszeuge fungiren.<br />

Abgesehen von den Erfordernissen eines Zeugen muss der<br />

primäre private Leumundszeuge auch Kenntniss von denjenigen<br />

Gründen haben, wegen deren <strong>das</strong> Zeugniss eines Mannes für ge-<br />

setzlich oder für ungesetzlich zu erklären ist, sowie eine intime<br />

Kenntniss von dem betreffenden Zeugen, sei es <strong>das</strong>s er dieselbe<br />

aus freundschaftlichen, nachbarlichen oder geschäftlichen Beziehungen<br />

zu ihm geschöpft hat.<br />

Wenn er einen Zeugen für nicht unbescholten erklärt, muss<br />

er seine Gründe angeben, <strong>das</strong>s er z. B. Unzucht oder Diebstahl 30<br />

begangen hat. Wenn er dagegen einen Zeugen für unbescholten<br />

erklärt, braucht er keine Gründe anzugeben. Wenn er von dem<br />

Zeugen behauptet, <strong>das</strong>s er Unzucht begangen habe, so kann er<br />

nicht als Verleumder verklagt werden.<br />

Das bisher Gesagte gilt von demjenigen {primären) Leumunds-<br />

zeugen, der zu den Nachbarn oder Bekannten des Zeugen gehört,<br />

und seine Aussage macht, ohne vom Richter mit der Ermittelung

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