Standardwerk über das islamische Recht - Mittelstand PRO NRW

748 Buch V. Richter und Gerichtsverfahren. Anmerkungen. S 26
drohten Strafen können nur dann zur Ausführung gelangen, wenn
der Thalbestand durch zwei Männer bezeugt ist. Für das Beweis-
verfahren im Blutrecht gelten besondere Bestimmungen (s. Buch
VI, I. § 22).
' Ad c) Die Constatirung des Anfangs des Ramadan sowie
jedes mideren Monats durch einen einzigen Zeugen ist rechtskräftig .
für alle religiösen Handlungen, wie z. B. Fastenanfang, nicht aber
für das bürgerliche Leben, z. B. nicht für die Bestimmung eines
Zahlungs-Termins oder das Datum einer Ehescheidung oder Frei-
lassung. 10
Einige andere Fälle, in denen das Zeugniss eines einzigen
Mannes genügt, sind folgende:
Wenn eine Leiche gefunden wird und ein Muslim bezeugt, dass
der Verstorbene Muslim war, so genügt das, um der Leiche ein
muhammedanisches Begräbniss zu sichern, nicht aber für civilrecht-
liche, z. B. erbrechtliche Fragen.
Wenn in Frage steht, ob der Richter dem Verurtheilten das
Urtheil oder der Rechtsuchende dem Richter seine Klage mitge-
theilt habe, genügt zur Constatirung der Thatsache das Zeugniss
eines einzigen Muslims, 20
Ein Wahrscheinlichkeitsmoment') gilt als festgestellt durch das
Zeugniss eines einzigen Zeugen. (Vgl, Buch VL II, § 22 Anm,)
Wenn für das Gerichtsverfahren eine conjekturale Abschätzung
ex aequo et bono '^) erforderlich ist, gilt sie als zu Recht bestehend,
wenn sie aus dem Zeugniss eines einzigen unbescholtenen Muslims
besteht (vgl, Anm, zu g 14).
Wenn ein zuverlässiger Gerichtsbeamter meldet, dass eine vor
den Richter citirte Person sich weigert vor ihm zu erscheinen, kann
der Richter auf Grund dieses einen Zeugnisses eine Strafe über den
Renitenten verhängen j), ^o
§ 26. Eine Handlung kann nur der bezeugen, der sehend ist,
eine Rede nur der, der sehend und hörend ist. Ein Zeugniss über
ein verschleiertes Weib kann nur derjenige ablegen, der sie persön-
oiJ.
3) Nihäje VIII, 140, 6. 7.