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Das Zisterzienserinnenkloster Wald - Germania Sacra

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270 5. Religiöses und geistiges Leben<br />

Kirchgang war für diese präsenzpflichtigen Nonnen obligatorisch. Die<br />

Gesamtheit der Chorfrauen war hingegen nur verpflichtet, an jedem Sonntag,<br />

an den Festtagen der Apostel, im Advent und in den Fasten das<br />

Mittagessen gemeinsam im Konvent einzunehmen.<br />

Offenbar fanden auch die Kapitel nur noch unregelmäßig statt, denn<br />

die Visitationsurkunden von 1514 und 1573 weisen auf die Pflicht der<br />

täglichen Kapitelversammlung hin.<br />

Die Klausur wurde nicht eingehalten. Nimmt man die Visitationsordnung<br />

von Nikolaus Boucherat von 1573 wörtlich, so besuchten die <strong>Wald</strong>er<br />

Nonnen Jahrmärkte, Kirchweihen, Fasnachtstage und bäuerliche Feste<br />

und hoben Kinder aus der Taufe. Überliefert ist, daß Äbtissin Anna von<br />

Rotenstein bei dem 1549 geborenen Wilhelm von Zimmern die Patenschaft<br />

übernahm und beim Abschluß des Heiratsvertrags von Graf Jos Niklas<br />

H. von Zollern 1531 in Sigmaringen anwesend war (Zimmerische<br />

Chronik 2 S. 414; 4 S. 49). Nicht ungewöhnlich war es anscheinend, daß<br />

die Nonnen ihre Familien besuchten. Äbtissin Helena von Reischach von<br />

Hohenstoffeln soll 1568 sogar auf der Burg Hohenstoffeln gestorben sein<br />

(ZGORh 11.1860 S. 123). Ebenso empfmgen die Konventualinnen ihrerseits<br />

Besuch von weiblichen und männlichen Verwandten und Freunden,<br />

die auch im Kloster übernachteten. <strong>Wald</strong>er Klosterfrauen erschienen persönlich<br />

vor Gerichten und städtischen Ratsgremien, um Schenkungen<br />

entgegenzunehmen, Liegenschaftssachen zu regeln und Besitzansprüche<br />

geltend zu machen: so etwa die Äbtissin 1277 vor dem (Land)Gericht zu<br />

Eigeltingen (U 72), Katharina von Frickenweiler und ihre Base Adelheid<br />

1342 vor dem Überlinger Rat (ZGORh 10.1859 S. 473-475), Agnes von<br />

Heggelbach vor dem Gericht zu Aach 1371 (U 332), Elsbeth von Heudorf<br />

vor dem Landgericht im Hegau und vor dem geistlichen Gericht zu<br />

Konstanz 1383 und 1394 (FAS, Hohenfels 75,73 und 78,82), Barbara<br />

Besserer 1520 vor dem Überlinger Stadtgericht (U 719). Die beiden Truchsessinnen<br />

Mechthild und Agathe von Meßkirch traten gemeinsam mit<br />

Katharina Stukkin als Zeuginnen einer 1350 in Meßkirch beurkundeten<br />

Jahrzeitabsprache auf (StadtArchÜberlingen 81 a, 7, 8 Nr. 2269).<br />

Der <strong>Wald</strong>er Konvent vernachlässigte die Vorschriften für den religiösen<br />

Tagesablauf, für Gottesdienste, Kommunion und Liturgie. Beanstandet<br />

wurde in den drei Visitationsordnungen aus dem 16. Jahrhundert, daß die<br />

üblichen Stundengebete und die marianischen Tagzeiten sowie die Gottesdienste<br />

unpünktlich, unkorrekt und nicht von allen Konventualinnen<br />

verrichtet wurden, daß die Frauen die Liturgie ungenau befolgten, zu<br />

selten kommunizierten und dabei nicht das vorgeschriebene Bußgewand<br />

trugen, und daß sie das mittwochs und im Advent geltende Fleischverbot<br />

offenbar übertraten und das Schweigegebot nicht einhielten.

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