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Das Zisterzienserinnenkloster Wald - Germania Sacra

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§ 26. Klösterliche Gerichts- und Leibherrschaft 373<br />

schaft (StaatsArchSig Ho 157, A 20: <strong>Wald</strong>ische Beschwerdeartikel, Mitte<br />

16. Jahrhundert), urteilte ferner die auf den Jahrgerichten angezeigten<br />

Frevel ab und entschied darüber hinaus, welche Vergehen bzw. Verbrechen<br />

der niederen oder der hohen Gerichtsbarkeit zuzurechnen waren. In ihm<br />

verkörperte sich die Niedergerichtsbarkeit des Klosters in erster Linie. Im<br />

Verlauf des sich in der Klosterherrschaft vollziehenden Zentralisierungsprozesses<br />

drang es seit der Mitte des 17. Jahrhunderts immer stärker in<br />

die Zuständigkeiten der Gemeindegerichte ein und übernahm allmählich<br />

alle ihre Befugnisse bis zur völligen Ausschaltung der Gemeindegerichte,<br />

die noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erreicht wurde.<br />

Die Spitze der Gerichtsorganisation bildete das von der Äbtissin präsidierte<br />

Gericht, das schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />

bezeugt ist (R S. 299-300, 306-310): 1529 entschieden Äbtissin und ihre<br />

Amtsleute auf Bitten von waldischen Dörfern einen Trieb- und Trattstreit<br />

(StaatsArchSig Ho 157, U 20. Juni 1529), 1592 und 1595 schlichteten<br />

Äbtissin und zwei Amtsfrauen bzw. Äbtissin und Bursiererin ebenfalls<br />

Weidestreitigkeiten (StaatsArchSig Ho 157, U 21. Jan. 1595), 1594 verglichen<br />

Äbtissin und Amtsfrauen als ordentliche Obrigkeit des niederen<br />

Gerichtszwangs waldische Untertanen wegen Einzäunens von Ackerfeld,<br />

Pflanzens von Bäumen und strittigen Triebs (U 872). Dieses Gericht war<br />

ferner auch die letzte Appellationsinstanz in der Herrschaft <strong>Wald</strong>: An die<br />

Äbtissin wurde beispielsweise 1535 gegen ein Urteil des Obergerichts<br />

appelliert, und 1536 wurde ihr das Minderheitsurteil des Obergerichts zur<br />

Entscheidung vorgelegt (StaatsArchSig Ho 157, U 8. März 1535 und<br />

18. Apr. 1536). In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts schritt die<br />

Zentralisierung der Gerichtsverfassung und -verwaltung weiter fort, und<br />

die Äbtissin flng an, sämtliche niedergerichtlichen Fälle vor ihr Verhör<br />

auf die klösterliche Kanzlei zu ziehen. 1685 klagte ein Schultheiß, es werde<br />

kein Obergericht mehr gehalten, vielmehr ziehe man alles in das Kloster<br />

hinein (74,12). <strong>Das</strong> Obergericht wurde seiner Funktionen allmählich entkleidet,<br />

trat kaum mehr zusammen und ging nach der Mitte des<br />

18. Jahrhunderts endgültig ab. Übrig blieb nur noch der Stabhalter. Die<br />

Amts- oder Verhörstage wurden zur nahezu alleinigen und ausschließlichen<br />

Gerichtsinstanz innerhalb der Klosterherrschaft. Den Schultheißen war<br />

anscheinend nur die Bestrafung von geringen Feldfreveln verblieben, den<br />

1772 neu eingerichteten Dorfgerichten übertrug das Kloster die Zuständigkeit<br />

für Bagatellfalle mit einem Streitwert bis zu 10 fl und für Beleidigungen<br />

mit Worten, ferner notarielle Aufgaben und die Sorge für Vormundschaft<br />

und Vermögen von Witwen und Waisen. Die Appellationen<br />

gingen von den Dorfgerichten unmittelbar an das klösterliche Oberamt.<br />

Den Vorsitz bei den Verhörsgerichten führte die Äbtissin, mit beratender

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