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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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III:64, 65<br />

den) und Mahāspandā (die große Vibration) bekannt. Es ist diese Macht, die<br />

jedem Ding seine eigentümlichen Qualitäten verleiht. Jedoch ist diese Macht<br />

nicht verschieden von oder unabhängig vom absoluten Brahman – sie ist so<br />

wirklich wie ein verrückter Traum. Die Weisen machen eine verbale Unterscheidung<br />

zwischen Brahman und dieser Macht und erklären, dass die Schöpfung<br />

das Werk dieser Macht sei.<br />

Die Unterscheidung bleibt jedoch rein verbal, so wie jemand vom Körper<br />

(als Ganzes) und seinen Teilen spricht. Das unendliche Bewusstsein wird<br />

seiner eigenen Macht bewusst, so wie jemand der Glieder seines Körpers<br />

bewusst wird. Dieses Gewahrsein wird niyati (die Macht des Absoluten, die<br />

der Natur gebietet) genannt. Es wird auch als daiva bzw. göttliche Fügung<br />

bezeichnet.<br />

Niyati hat dafür gesorgt, dass du mir diese Fragen stellst, und es ist ebenfalls<br />

niyati, dass du entsprechend meiner Unterweisung tätig werden solltest.<br />

Und wenn jemand sagt: „Das Göttliche wird mich ernähren“, und untätig<br />

bleibt, dann ist dies ebenfalls das Werk von niyati. Dieses niyati kann nicht<br />

einmal von Göttern wie Rudra übergangen werden. Weise Menschen jedoch<br />

sollten deswegen nie die Eigenbemühung aufgeben, weil niyati nur als und<br />

durch die Eigenbemühung funktioniert. Dieses niyati verfügt über zwei Aspekte,<br />

nämlich menschliche und übermenschliche, wobei der erstere dort<br />

gesehen wird, wo die Eigenbemühung Früchte trägt, und der zweite dort, wo<br />

dies nicht der Fall ist.<br />

Wenn jemand untätig bleibt und sich darauf verlässt, dass niyati alles für<br />

ihn erledigt, dann wird er bald feststellen, dass das Leben schwindet, denn<br />

Leben ist Aktivität. Er kann durch Eintritt in den höchsten überbewussten<br />

Zustand den Atem anhalten und die Befreiung erlangen – aber eben das ist in<br />

der Tat die allergrößte Eigenbemühung!<br />

Allein das unendliche Bewusstsein erscheint als ein Ding an einem Ort und<br />

als ein anderes an einem anderen Ort. Da ist keinerlei Trennung zwischen<br />

diesem Bewusstsein und seiner Macht, wie es auch keine Trennung zwischen<br />

Welle und Wasser, Glieder und Körper gibt. Solche Trennungen werden nur<br />

von den Unwissenden erfahren.<br />

RùMA fragte:<br />

Wenn also das unendliche Bewusstsein und seine eingeborene Kraft der<br />

Bewegung die einzige Wirklichkeit sind, wie erwirbt dann der jīva seine<br />

scheinbare Wirklichkeit in dieser Einheit, die ohne ein Zweites ist?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Es ist nur im Gemüt des Unwissenden, dass dieser schreckliche Kobold namens<br />

jīva als reflektierte Realität oder Erscheinungsform auftaucht. Niemand,<br />

nicht einmal die Weisen selbst vermögen zu sagen, was dieses ist, denn es ist<br />

ohne irgendwelche Anzeichen einer eigenen Natur.<br />

Im Spiegel des unendlichen Bewusstseins werden zahllose Reflektionen<br />

gesehen, die die Erscheinung der Welt bilden. Dies sind die jīvas. Der jīva ist<br />

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