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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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III:85<br />

RùMA fragte: Wenn nur das Eins-Sein die Wahrheit ist, weshalb sagen wir<br />

dann: „Dadurch erlangen wir dieses“?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Rāma, in den Schriften werden die Worte benützt, um die Unterweisung auf<br />

sinnvolle Weise zu unterstützen. Ursache und Wirkung, das Selbst und der<br />

Höchste Herr, Unterschied und Nicht-Unterschied, Erkenntnis und Unwissenheit,<br />

Schmerz und Freude – alle diese Gegensätze wurden nur zur Unterweisung<br />

der Unwissenden geschaffen. In sich selbst kommt ihnen keinerlei Wirklichkeit<br />

zu. Alle diese Diskussionen und Argumentationen finden nur in und<br />

wegen der Unwissenheit statt. Sobald es die Erkenntnis gibt, gibt es auch<br />

keine Dualität mehr. Sobald die Wahrheit erkannt wird, hören alle Beschreibungen<br />

auf – es verbleibt allein die Stille.<br />

Dann wirst du realisieren, dass es nur Eines gibt – ohne Anfang, ohne Ende.<br />

Solange jedoch Worte zur Bezeichnung einer Wahrheit verwendet werden, ist<br />

die Dualität unvermeidbar. Diese Dualität jedoch ist nicht die Wahrheit. Alle<br />

Getrenntheiten sind illusorisch.<br />

Ich werde dir jetzt noch ein weiteres Beispiel geben, höre aufmerksam zu.<br />

Mit den Mitteln der sehr kraftvollen Medizin meiner Erläuterungen wirst du<br />

gewiss die Krankheit überwinden, die dein Gemüt befallen hat. Saæsāra<br />

(Welterscheinung) ist nichts als das Gemüt selbst, welches von Zu- und Abneigungen<br />

erfüllt ist. Sobald man davon frei ist, endet diese Welterscheinung.<br />

Das Bewusstsein im Gemüt ist der Same aller Substanzen, während der träge,leblose<br />

Aspekt des Gemüts die Ursache der illusorischen Welterscheinung<br />

ist. Aufgrund der Allgegenwart des Bewusstseins nimmt das Gemüt die Form<br />

des Kennbaren an und wird somit zum Samen des ganzen Universums. Das<br />

Gemüt stellt sich wie ein Kind die Existenz dieser Welt vor. Sobald das Gemüt<br />

erleuchtet wird, erfährt es das unendliche Bewusstsein in sich selbst. Ich<br />

werde dir sogleich erläutern, wie diese Subjekt-Objekt-Trennung entsteht.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Ich bat einmal den Schöpfer Brahmā, mir mitzuteilen, wie dieses Universum<br />

ursprünglich entstanden sei. Daraufhin gab er mir die folgende Antwort.<br />

BRAHMù sagte:<br />

Mein Kind, es ist einzig und allein das Gemüt, welches all dieses entstehen<br />

lässt. Ich werde dir mitteilen, was mir selbst zu Beginn dieser Epoche widerfahren<br />

ist. Am Ende der vorhergegangenen Epoche gab es die kosmische<br />

Nacht. Als ich dann am Ende dieser Nacht erwachte, sprach ich meine Morgengebete<br />

und schaute mich um, wobei ich den Wunsch nach der Erschaffung<br />

des Universums hegte. Ich nahm die unendliche Leere wahr, die weder erleuchtet<br />

noch finster war.<br />

In meinem Gemüt entstand die Absicht des Erschaffens, während ich in<br />

meinem Herzen die subtilen Visionen zu sehen begann. In meinem Gemüt<br />

und mit meinem Gemüt sah ich dann mehrere, anscheinend unabhängig<br />

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