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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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wurden durch die Abwesenheit der Gedanken wiederum zerstört. Wie können<br />

sie dann vergrößert werden? Wenn Brahman allein in allem lebt, was<br />

Brahman ist, und wenn Brahman allein sich als Brahman in allem entfaltet –<br />

wo sind dann Freude und Leid? Brahman ist befriedigt mit Brahman, Brahman<br />

ist verankert in Brahman. Da gibt es weder ein „Ich“ noch ein anderes!<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Alle Objekte dieser Welt sind Brahman. „Ich“ bin Brahman. Wenn dies der<br />

Fall ist, dann sind sowohl Leidenschaft als auch Leidenschaftslosigkeit, Verlangen<br />

und Widerwille, nichts als Ideen. Der Körper ist Brahman, und der Tod<br />

ist auch Brahman – wenn beide zusammenkommen wie das reale Seil und die<br />

irreale, eingebildete Schlange – wo ist dann ein Anlass für Trauer? Ebenso ist<br />

der Körper Brahman, und das Vergnügen ist Brahman – wo ist der Anlass für<br />

Frohlocken, wenn der Körper Vergnügen erfährt? Wenn auf der Oberfläche<br />

eines stillen Ozeans Wellen erscheinen, dann bewegen sie sich, aber als Wellen<br />

hören sie nicht auf, Wasser zu sein! Auf die gleiche Weise bleibt Brahman<br />

in seiner Essenz unverändert, wenn es in der Welterscheinung als bewegt<br />

erscheint – es gibt da weder eine „Ich“-heit noch eine „Du“-heit. Wenn der<br />

Wasserstrudel im Wasser erstirbt, ist gar nichts gestorben! Wenn der Tod-<br />

Brahman den Körper-Brahman überwältigt, geht nichts verloren.<br />

Wasser vermag ruhig oder bewegt zu sein – auf die gleiche Weise kann<br />

Brahman still oder ruhelos sein. Das ist seine Natur. Es ist Unwissenheit oder<br />

Täuschung, die das Eine in „dies ist der fühlende jīva“ und „dies ist leblose<br />

Materie“ teilt. Der Weise unterhält keine solch fehlerhaften Ideen. Daher ist<br />

die Welt für den Unwissenden voller Sorgen, während dieselbe Welt für den<br />

Weisen voll Seligkeit ist; gleich wie die Welt für den Blinden finster und für<br />

den Sehenden voller Licht ist.<br />

Wenn das eine Brahman alles durchdringt, dann gibt es weder Tod noch<br />

überhaupt eine lebendige Person. Die Wellen spielen auf der Oberfläche des<br />

Ozeans – weder werden sie geboren noch sterben sie! Ebenso steht es mit<br />

den Elementen in dieser Schöpfung. „Dies ist“ und „dies ist nicht“ – derartige<br />

Vorstellungen tauchen im Selbst auf. Diese Vorstellungen sind weder wirklich<br />

verursacht noch haben sie eine Motivation, genauso wie ein Kristall verschiedenfarbige<br />

Objekte ohne Motivation reflektiert.<br />

Das Selbst bleibt sich selbst auch dann, wenn die Energien der Welt endlose<br />

Verschiedenheiten auf der Oberfläche des Ozeans des Bewusstseins hervorbringen.<br />

In dieser Welt, die man den Körper usw. nennt, gibt es keine unabhängige<br />

Einheiten. Was man als den Körper oder die Ideen ansieht, als die<br />

Objekte der Wahrnehmung, als das Verderbliche und das Unverderbliche, die<br />

Gedanken und Gefühle und ihre Bedeutungen – alle diese sind Brahman in<br />

Brahman, das unendliche Bewusstsein. Dualität gibt es nur in den Augen der<br />

Irregeführten und Unwissenden. Das Gemüt, der Intellekt, der Ich-Sinn, die<br />

kosmischen Grundelemente, die Sinne und alle die verschiedenen Phänomene<br />

sind Brahman allein – Vergnügen und Schmerz sind Illusionen (sie sind<br />

Worte ohne Substanz). So wie ein einzelner Ton ein Echo in den Bergen er-<br />

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