19.03.2014 Aufrufe

Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

VI.1:118,<br />

119,120<br />

Vergnügen und Schmerz widerspiegeln, bewegen sie doch nicht das Gemüt,<br />

welches all diesals bedeutungslos einstuft. Das Herz ruht im Gleichmut.<br />

Der erleuchtete Mensch, der mit all diesen Tugenden ausgestattet ist, bewohnt<br />

mühelos und auf natürliche Weise den Körper. Sein und Nicht-Sein<br />

(wie Wohlstand und Missgeschick), die einander folgen und all die verschiedenen<br />

und stark gegensätzlichen Widersprüche erzeugen, bewirken im Heiligen<br />

weder Freude noch Leid.<br />

Wehe dem, der sich diesem Pfad der Selbsterkenntnis verweigert, den er<br />

durch die richtige Führung seiner Intelligenz sehr leicht gehen kann. Die<br />

Mittel zur Überquerung dieses Ozeans von saæsāra (Welterscheinung oder<br />

Zyklus von Geburt und Tod) und zur Erlangung des höchsten Friedens sind<br />

die Ergründung des Selbst (Wer bin ich?), der Welt (Was ist diese Welt?) und<br />

der Wahrheit (Worin besteht die Wahrheit?).<br />

Dein eigener Ahne, Ik«vāku, dachte eines Tages, während er noch sein Königreich<br />

regierte, folgendermaßen nach: „Worin besteht wohl der Ursprung<br />

dieser Welt, so voll von verschiedenen Leiden wie Alter, Tod, Schmerz und<br />

Vergnügen und Täuschung?“ Er konnte aber keine Antwort finden. Nachdem<br />

er seinen Vater Manu, den Sohn Brahmās, gebührend verehrt hatte, fragte er<br />

ihn: „Hoher Herr, dein eigener Wille veranlasst mich dazu, dir eine wichtige<br />

Frage vorzulegen. Worin besteht der Ursprung dieser Welt? Wie kann ich frei<br />

von saæsāra werden?“<br />

Manu erwiderte: „Was du hier siehst, existiert nicht, mein Sohn, und zwar<br />

nichts davon! Auch gibt es nichts Ungesehenes oder etwas, was jenseits der<br />

Sinne und des Verstandes wäre. Es gibt nur das Selbst, welches ewiglich und<br />

unendlich ist. Was als das Universum gesehen wird, ist eine Reflexion in diesem<br />

Selbst. Aufgrund der dem kosmischen Bewusstsein eingeborenen Energie<br />

wird diese Reflexion hier als der Kosmos und die darin existierenden<br />

Lebewesen wahrgenommen. Das ist, was du die „Welt“ nennst. Weder gibt es<br />

Bindung noch Befreiung. Das eine, unendliche Bewusstsein allein existiert –<br />

weder eines noch viele! Gib alle Gedanken an Bindung und Befreiung auf und<br />

ruhe im Frieden.“<br />

MANU fuhr fort:<br />

Wenn das reine Bewusstsein in sich selbst Konzepte und Ideen entstehen<br />

lässt, nimmt es die Form einer Individualität (jīva) an. Diese Individuen wandern<br />

dann in diesem saæsāra (Welterscheinung). Während einer Verdunkelung<br />

von grellem Licht lässt sich erblicken, was vorher überstrahlt und nicht<br />

erblickt wurde. Auf eine ähnliche Weise ist es möglich, mit Hilfe der Erfahrungen<br />

des Individuums das reine Erfahren selbst kennenzulernen, welches<br />

das unendliche Bewusstsein ist. Jedoch kann diese Selbsterkenntnis nicht<br />

durch das Studium der Schriften oder mit der Hilfe eines Gurus erlangt werden<br />

– es kann nur durch das Selbst für sich selbst erlangt werden.<br />

Betrachte deinen Körper und die Sinne als Instrumente des Erfahrens, nicht<br />

jedoch als das Selbst. Die Idee „Ich bin der Körper“ bedeutet Bindung – der<br />

505

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!