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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Schreit das Kind, dann versprechen ihm die Eltern das Blaue vom Himmel<br />

herunter, um es zu beschwichtigen. Von da an beginnt das Kind die Welt zu<br />

schätzen und die Dinge darin zu begehren. Die Eltern sagen: „Ich gebe dir den<br />

Mond für ein Spielzeug”, und das Kind, ihren Worten glaubend, denkt, es<br />

könne den Mond in seinen Händen halten. Auf diese Weise werden die Samen<br />

der Täuschung in dem kleinen Herz gesät.<br />

Obgleich das Kind Hitze und Kälte fühlt, ist es unfähig, sie zu vermeiden.<br />

Wie kann es sich dann besser als ein Baum fühlen? Wie die Tiere und die<br />

Vögel langt auch das Kind vergeblich nach den Dingen, die es begehrt. Furchtsam<br />

meidet es die Älteren, mit denen es zusammenlebt.<br />

RùMA fuhr fort:<br />

Nach dem Ende der Kindheit betritt das menschliche Wesen die Stufe der<br />

Jugend, aber auch hier kann es den Zustand des Unglücklichseins nicht hinter<br />

sich lassen! Nun ist es den zahllosen mentalen Modifikationen der Jugendzeit<br />

unterworfen und schreitet vom Elend zu noch größerem Elend fort, denn es<br />

gibt alle Weisheit auf und umarmt den schrecklichen Kobold – die Lust, die in<br />

seinem Herzen wohnt. Sein Leben ist voll von Wunsch und Furcht. Wahrhaftig,<br />

diejenigen, die sich die Weisheit in ihrer Jugend nicht rauben lassen, können<br />

wohl jedem Ansturm standhalten.<br />

Ich schätze sie nicht, diese vergängliche Jugend, in der kurzlebiges Vergnügen<br />

rasch von langandauerndem Leiden gefolgt wird, und in der so viele<br />

getäuscht werden von dem, was so viele Menschen als wandellos ansehen,<br />

was aber in Wirklichkeit wechselhaft ist. Was noch schlimmer ist: In der<br />

Jugend begeht man viele Handlungen, die auch anderen nichts als Unglück<br />

bringen.<br />

So wie ein Baum von einem Waldbrand vernichtet wird, so wird das Herz<br />

des Jugendlichen vom Feuer der Leidenschaft verbrannt, sobald seine Geliebte<br />

ihn verlässt. Wie sehr er auch streben mag, um die Reinheit des Herzens zu<br />

entwickeln – das Herz des Jugendlichen bleibt stets vom Makel der Unreinheit<br />

befleckt. Auch wenn seine Geliebte nicht bei ihm ist, wird er ständig von<br />

den Gedanken an ihre Schönheit verfolgt. Eine solche Person, angefüllt mit<br />

Verlangen, kann in den Augen der guten Menschen keine hohe Wertschätzung<br />

genießen.<br />

Die Jugend ist die Heimstatt des Leidens und der Bedrängnis (mentalen<br />

Zerrüttung). Sie kann mit einem Vogel verglichen werden, der mit den beiden<br />

Flügeln der guten und schlechten Handlungen fliegt. Die Jugend ist wie der<br />

Sandsturm, der die guten Eigenschaften des Menschen verweht und zerstreut.<br />

Die Jugend erweckt alle Arten des Bösen im Herzen und vertreibt die<br />

guten Eigenschaften, die noch existieren mögen; sie ist daher nichts anderes<br />

als der Anstifter des Üblen. Sie lässt Täuschung und blinde Anhaftung entstehen.<br />

Jugend erscheint dem Körper begehrenswert, ist aber für das Gemüt die<br />

Quelle der Zerstörung. In der Jugend wird der Mensch vom Wahnbild des<br />

Glücks verführt, welches ihn unmittelbar zu der Quelle des Kummer geleitet.<br />

Daher bin ich gar nicht erfreut über die Jugend.<br />

I:20<br />

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