19.03.2014 Aufrufe

Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

solche noch das Nichts. Stets ist als Einziges nur das kosmische Bewusstsein<br />

(cit). In diesem ist es das Gemüt, welches die Vielfalt, die verschiedenen Tätigkeiten<br />

und Erfahrungen, die Idee von Bindung und den Wunsch nach Befreiung<br />

heraufbeschwört.<br />

Rāma fragte:<br />

Oh heiliger Weiser! Worin besteht der Ursprung dieses Gemüts, und wie<br />

konnte es entstehen? Bitte sei so gut, mich in dieser Frage zu erleuchten.<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Nach der kosmischen Auflösung und noch vor dem Aufdämmern der nächsten<br />

Epoche befand sich das gesamte Universum in vollkommenem Gleichgewicht.<br />

Es existierte nur der Höchste Herr, der Ewige, Ungeborene, Selbsterstrahlende,<br />

der das Universum ist und allmächtig. Er befindet sich jenseits<br />

jeder Vorstellung und Beschreibung. Obgleich er unter verschiedenen Namen<br />

wie ùtmā usw. bekannt ist, sind alle diese doch nur Gesichtspunkte und nicht<br />

die eigentliche Wahrheit. Er ist – und doch wird er von der Welt nicht erkannt;<br />

er befindet sich auch im Körper – und ist doch wie weit entfernt. Aus<br />

ihm gehen zahllose Gottheiten wie Vi«ïu hervor, so wie zahllose Strahlen aus<br />

der Sonne hervorgehen. Aus ihm kommen endlose Welten – so wie Wellen an<br />

der Oberfläche des Ozeans entstehen.<br />

Er ist die kosmische Intelligenz, in die die unzählbaren Objekte der Wahrnehmung<br />

eintreten. Er ist das Licht, in dem das Selbst und die Welt erstrahlen.<br />

Er befiehlt die Eigentümlichkeit der Natur aller erschaffenen Dinge. In<br />

Ihm erscheint und verschwindet die Welt – wie eine Luftspiegelung wieder<br />

und wieder erscheint und wieder und wieder verschwindet. Seine Gestalt<br />

(die Welt) verschwindet, aber sein Selbst ist wandellos. Er wohnt in allem. Er<br />

ist verborgen und doch überströmend gegenwärtig. Durch Seine bloße Gegenwart<br />

sind diese anscheinend leblose materielle Welt und ihre Bewohner<br />

unaufhörlich tätig. Wegen Seiner allgegenwärtigen, allmächtigen Allwissenheit<br />

materialisieren sich alle seine Gedanken.<br />

Dieses Höchste Selbst, oh Rāma, kann durch kein anderes Mittel als durch<br />

die Weisheit erkannt werden – nicht einmal durch die Ausübung religiöser<br />

Praktiken. Dieses Selbst ist weder nah noch fern; es ist weder unerreichbar<br />

noch weit weg – es ist das, was in einem selbst als Seligkeit auftaucht, und es<br />

wird daher nur in einem selbst erkannt.<br />

Askese oder Buße, Wohltätigkeit und die Einhaltung religiöser Gelübde führen<br />

nicht zur Verwirklichung des Höchsten Herrn – nur die Gemeinschaft mit<br />

Heiligen und das Studium der wahren Schriften können hier helfen, denn sie<br />

zerstreuen die Unwissenheit und Täuschung. Sogar wenn man davon überzeugt<br />

ist, dass nur dieses Selbst wirklich ist, geht man auf dem Pfad der Befreiung<br />

jenseits von Kummer.<br />

Askese oder Buße sind nichts als selbst zugefügter Schmerz. Was für einen<br />

Wert hat eine aus dem Reichtum entstandene Wohltätigkeit, der aus dem<br />

Betrug an anderen gewonnen wurde? Aus solcher Wohltätigkeit können nur<br />

III:5, 6<br />

59

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!