19.03.2014 Aufrufe

Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

III:71, 72<br />

(Als Vāsi«Âha so gesprochen hatte, ging die Sonne unter – ein weiterer Tag<br />

war zu Ende. Die Versammlung schloss für die Abendgebete.)<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Nachdem sie auf diese Weise lange, lange Zeit gelebt hatte, war die<br />

Dämonin KarkaÂī schließlich gänzlich desillusioniert. Sie bereute ihren törichten<br />

Wunsch danach, die Menschen zu verschlingen, der ihr nichts als tausend<br />

Jahre schmerzhafter Bußübung und die niedrige Existenzform einer Nadel<br />

(und eines Cholera-Virus) eingebracht hatte. Nun begann sie ihr selbst herbeigeführtes<br />

Missgeschick zu beklagen:<br />

„Oh weh – wo ist mein Körper, riesig wie ein Berg, und was taugt diese<br />

Form einer Nadel hier? Manchmal falle ich in den Schlamm und versinke im<br />

Schmutz; die Leute trampeln mich nieder. Oh weh – ich bin verloren! Ich habe<br />

keine Freunde, niemand bedauert mich. Weder habe ich eine feste Unterkunft<br />

noch einen Körper, der dieses Namens wert ist. Ganz gewiss habe ich meinen<br />

Verstand und meine Sinne verloren! Das Gemüt, das auf Schwierigkeiten<br />

zusteuert, erzeugt zuerst Täuschung und Schlechtigkeit, und diese verwandeln<br />

sich dann später in Missgeschick und Kummer. Nie bin ich frei, ich lebe<br />

immer nur durch die Gnade anderer. Ich bin in der Hand der anderen und<br />

muss tun, was diese mich zu tun machen. Ich suchte dem Kobold eines Wunsches<br />

zu gefallen, um alle zu verschlingen, aber dies hat mir nur ein „Heilmittel“<br />

in die Hand gegeben, das noch schlimmer als die eigentliche Krankheit<br />

ist. Und so ist ein noch größerer Kobold entstanden. Ganz sicher bin ich eine<br />

gehirnlose Närrin. Denn ich warf diesen großartigen und gigantischen Körper<br />

fort, um freiwillig den verabscheuungswürdigen Körper eines Virus (oder<br />

einer Nadel) zu erlangen. Wer wird mich nun aus der elenden Existenz eines<br />

Wesens, das sogar geringer ist als ein Wurm, befreien? Nicht einmal im Herzen<br />

eines Weisen wird das kleinste Mitgefühl für ein derart lasterhaftes Wesen<br />

wie mich entstehen. Oh, wann werde ich wieder groß wie ein Berg sein<br />

und das Blut großer Wesen trinken?... Ich werde wieder eine Asketin werden<br />

und wie schon früher Bußübungen unternehmen.“<br />

Und sofort gab KarkaÂī alle Wünsche nach dem Verschlingen lebender Wesen<br />

auf und ging in die Himālayas, um ihre strengen Bußübungen erneut<br />

aufzunehmen. Sie begann ihre Übungen, indem sie sich auf ein Bein stellte.<br />

Das Feuer ihrer Buße ließ die Krone ihres Hauptes rauchen, und daraus entstand<br />

eine andere Súcika – ein wohltuender Helfer. Ihr Schatten wurde zu<br />

einer weiteren Súcika – einem weiteren Helfer.<br />

Sogar die Bäume und Kletterpflanzen des Waldes bewunderten Súcika's<br />

Buße und verstreuten ihre Pollen für sie als Nahrung. Sie jedoch nahm nichts<br />

davon an. Sie blieb fest in ihrem Entschluss. Der Gott des Himmels sandte<br />

dort, wo sie stand, kleine Fleischstückchen herab, aber sie berührte sie nicht<br />

einmal. So stand sie siebentausend Jahre lang, gänzlich bewegungslos, unberührt<br />

von Wind, Regen oder Waldbränden.<br />

113

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!