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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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nahme eines eigenen Kindes. Um diese letzte Segnung zu erlangen, begaben<br />

sie sich zu Kailāsa und unternahmen beide eine strenge Bußübung, die darin<br />

bestand, nur noch von einer winzigen Menge Wasser zu leben. Sie hatten den<br />

Zustand von Bäumen angenommen und standen da, bewegungslos.<br />

Lord Śiva war von ihrer Bußübung erfreut und erschien vor ihnen. Er fragte<br />

sie, welche Gunst sie sich von ihm erhofften. Sie beteten, dass ihnen zehn edle<br />

Söhne geboren würden, die sich Gott und der Rechtschaffenheit widmen<br />

sollten. Lord Śiva gewährte diese Gunst.<br />

Sehr bald danach schenkte die Frau des heiligen Mannes zehn strahlenden<br />

und prächtigen Söhnen das Leben. Diese Jungen wuchsen zu zehn jungen<br />

Männern heran. Bereits im Alter von sieben Jahren waren sie in sämtlichen<br />

Schriften bewandert. Nach einer beträchtlichen Zeit gaben ihre Eltern ihre<br />

Körper auf und wurden befreit.<br />

Die zehn jungen Männer waren wegen des Verlustes ihrer Eltern zu Tode<br />

betrübt. Eines Tages kamen sie zusammen und besprachen sich untereinander:<br />

„Oh Brüder, worin besteht hier das höchste Ziel, nach dem wir streben<br />

sollten und welches uns nicht ins Unglück führt? Ein König, ein Eroberer,<br />

sogar Indra, der König des Himmels zu sein – all dies sind nur wertlose Ziele,<br />

denn sogar Indra regiert den Himmel nur anderthalb Stunden der Lebenszeit<br />

des Schöpfers. Daher ist allein das Erlangen des Schöpfer-seins das beste Ziel<br />

für uns, denn diese Herrschaft wird eine ganze Epoche dauern.“<br />

Die übrigen Brüder stimmten von ganzen Herzen zu. Sie sprachen zueinander:<br />

„Nun denn – wir sollten schon baldin der Lage sein, die Brahmā-schaft zu<br />

erlangen, die nicht von Alter und Tod betroffen ist.“<br />

Der älteste Bruder sprach: „Bitte tut, wie ich euch sage. Von jetzt an kontemplieren<br />

wir wie folgt: ‚Ich bin Brahmā, der auf einem voll erblühten Lotos<br />

sitzt.“ Alle Brüder begannen daraufhin auf die folgende Weise zu meditieren:<br />

„Ich bin Brahmā, der Schöpfer des Universums. Die Weisen und auch<br />

Saraswati, die Göttin der Weisheit, befinden sich in ihrer persönlichen Gestalt<br />

in mir. Der Himmel mit all seinen himmlischen Wesen befindet sich in mir.<br />

Berge, Kontinente und Ozeane befinden sich in mir. Halbgötter und Dämonen<br />

befinden sich in mir. Die Sonne erstrahlt in mir. Nun findet die Schöpfung<br />

statt. Nun existiert die Schöpfung. Nun ist die Zeit für die Auflösung gekommen.<br />

Eine Epoche ist vorüber. Nun ist die Nacht Brahmās da. Ich habe Selbsterkenntnis<br />

erlangt und bin befreit.“<br />

Indem sie mit ihrem ganzen Wesen so meditierten, wurden sie all das.<br />

DIE SONNE fuhr fort:<br />

Hoher Herr, danach standen die zehn heiligen Männer still in ihrer Kontemplation,<br />

während sie noch tief über ihre Absicht, die Schöpfer des Universums<br />

zu sein, meditierten. Ihre Körper verfielen, und was von ihnen noch<br />

übrigblieb, wurde von wilden Tieren verzehrt. Jedoch blieben sie in diesem<br />

entkörperten Zustand unverändert stehen – eine lange, lange Zeit, bis eine<br />

Epoche vorüber war und eine schrecklich sengende Sonne zu brennen be-<br />

III:87, 88<br />

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