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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Sie gelangten zum Schluss, dass nur die Selbsterkenntnis jemanden befähigen<br />

kann, die Sorgen hinter sich zu lassen. Sie gaben sich mit Herz und Seele<br />

der Selbsterkenntnis hin. Sie nahmen Zuflucht zur Gesellschaft der Weisen<br />

der Selbsterkenntnis und verehrten diese. Sie befassten sich beständig mit<br />

Erörterungen über Selbsterkenntnis und förderten so gegenseitig die Selbsterkenntnis.<br />

Nachdem sie dauernd den Pfad der Selbsterkenntnis kontempliert hatte,<br />

begann die Königin wie folgt zu reflektieren:<br />

„Ich sehe mich jetzt und frage: ‚Wer bin ich‘?“ Wie konnten Unwissenheit<br />

betreffend das Selbst und Täuschung entstehen? Der physische Körper ist mit<br />

Sicherheit leblos und gewiss nicht das Selbst. Nur aufgrund der Gedankenbewegungen<br />

im Gemüt wird er überhaupt erfahren. Die Tätigkeitsorgane sind<br />

nur Teile des Körpers und ebenfalls leblos, da Teile des leblosen Körpers nur<br />

leblos sein können. Auch die Sinnesorgane sind leblos, da sie nur mit Hilfe des<br />

Gemüts funktionieren. Ich erachte sogar das Gemüt für leblos. Das Gemüt<br />

denkt und hat Ideen, wird aber vom Intellekt dazu veranlasst, der das bestimmende<br />

Agens ist. Und sogar dieser Intellekt (buddhi) ist leblos, weil er<br />

vom Ich-Sinn gesteuert wird. Der Ich-Sinn ist ebenfalls leblos, da er vom jīva<br />

heraufbeschworen wird, so wie ein Gespenst von einem unwissenden Kind<br />

heraufbeschworen wird. Der jīva wiederum ist nichts als reines Bewusstsein,<br />

das sozusagen von der Lebenskraft eingekleidet wurde und im Herzen wohnt.<br />

Siehe da und schau! Ich habe realisiert, dass das Selbst, welches reines Bewusstsein<br />

ist, als der jīva einhergeht, da das Bewusstsein seiner selbst als<br />

sein eigenes Objekt gewahr wird. Dieses Objekt ist nicht-fühlend und unwirklich.<br />

Da das Selbst sich mit diesem Objekt identifiziert, bekleidet es sich<br />

scheinbar selbst mit Fühllosigkeit und hat (dem Anschein nach) seine essenzielle<br />

Natur als Bewusstsein aufgegeben. Denn darin besteht die Natur des<br />

Bewusstseins: Was es als sich selbst wahrnimmt, ob dies nun wirklich oder<br />

unwirklich sei, dazu wird es, wobei es scheinbar seine eigene Natur aufgibt.<br />

Folglich ist das Selbst reines Bewusstsein, es bildet sich wegen seiner Fähigkeit<br />

zur Wahrnehmung von Objekten nur ein, dass es nicht-fühlend und unwirklich<br />

ist.“<br />

Nachdem Cū¬ālā auf diese Weise eine beträchtliche Zeit lang kontempliert<br />

hatte, wurde sie erleuchtet.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Beglückt von ihrer Selbst-Entdeckung rief die Königin aus: „Endlich habe<br />

ich also das erlangt, was erlangt (gekannt) werden sollte. Nun gibt es keinen<br />

Mangel mehr. Sogar das Gemüt und die Sinne sind nur Reflektionen des Bewusstseins,<br />

obgleich sie unabhängig vom Bewusstsein unwirklich sind. Dieses<br />

höchste Bewusstsein allein existiert. Es ist die höchste Wahrheit, unberührt<br />

von jedweder Unreinheit, für immer im Zustand vollkommenen Gleichgewichts<br />

und ohne Ich-Sinn. Wenn diese Wahrheit realisiert wird, leuchtet<br />

dieses Bewusstsein immerwährend, ohne je unterzugehen.<br />

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