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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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en würden. Aber die unbemerkbare Zeit (der Tod), welche sogar jenseits der<br />

Kontemplation ist, rafft alles und jeden dahin.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Die Bäume, überladen mit Blüten und Früchten, sind wahre Sinnbilder des<br />

Elends, die Kälte, Wind und Hitze zu ertragen haben. Gefangen im Lotos, den<br />

man Welt nennt, summen die Wesen wie Bienen unaufhörlich und ruhelos<br />

umher.<br />

Dieses Universum ist sozusagen die Bettelschale von Kālī (die hier<br />

doppelsinnnig verwendete weibliche Form von kāla, die Zeit und Tod bedeutet),<br />

die Gottheit, deren Natur Tätigkeit und Bewegung ist. Diese Kālī sucht<br />

nur danach, die Schale mit all den Wesen der Welt zu füllen und sie wieder<br />

und wieder ihrem Herrn darzubieten.<br />

Das Universum kann mit einer alternden Frau verglichen werden. Ihre Haare<br />

bestehen aus der Finsternis der Unwissenheit über das Selbst. Sonne und<br />

Mond bilden ihre ruhelosen Augen. Ihr inneres und äußeres Wesen enthält<br />

die Götter Brahmā, Vi«ïu, Indra, die Erde, die Berge usw. Die Wahrheit betreffend<br />

Brahman das Absolute hütet sie wie einen Schatz, den sie in ihrer Brust<br />

verborgen hält. Ihre Mutter ist die Bewusstseinsenergie (oder sie ist die Mutter,<br />

die man als Bewusstseinsenergie bezeichnet). Wie eine Wolke ist sie<br />

außerordentlich unruhig und unstet. Ihre Zähne sind die Sterne. Morgenröte<br />

und Abenddämmerung sind ihre Lippen. Ihre Handfläche ist der Lotos. Ihr<br />

Mund ist der Himmel. Ihr Perlenhalsband sind die sieben Ozeane. Ihr Nabel<br />

ist der Pol der Erde. Ihre Körperhaare sind die Wälder. Diese alternde Frau<br />

wird wieder und wieder geboren; sie stirbt wieder und wieder.<br />

All dieses findet im Lichte des Bewusstseins statt. In diesem erscheinen<br />

Götter, die während eines Augenblinzelns vom Schöpfer Brahma erschaffen<br />

werden, und es finden sich da Wesen, die einfach durch das Augenschließen<br />

von Brahmā getötet werden. In diesem höchsten Bewusstsein gibt es Rudras,<br />

die Tausende von Lebenszyklen innerhalb eines Augenzwinkerns beginnen<br />

und beschließen. Und es gibt andere Gottheiten, die in einem Augenblick<br />

Götter wie Rudra erschaffen und vernichten! Gewiss ist eine solche Manifestation<br />

unendlich. Wie kann es denn für das unendliche Bewusstsein unmöglich<br />

sein, irgendetwas im unendlichen Raum hervorzubringen? Und doch ist<br />

all dies nichts als Einbildung, das Ergebnis der Unwissenheit. Sämtliche<br />

Reichtümer und alles Unglück, die Kindheit, die Jugend, das Alter und der Tod<br />

wie auch das Leiden, und was man das Verlorensein in Glück und Unglück<br />

nennt und alles andere – all das ist die Ausdehnung der dichten Finsternis<br />

der Unwissenheit.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, ich werde dir nun erzählen, wie diese Schlingpflanze namens<br />

Unwissenheit sich in sämtliche Richtungen fortentwickelt. Sie gedeiht im<br />

Wald der Welterscheinung und wurzelt in den Bergen des Bewusstseins. Die<br />

drei Welten sind ihr Körper, das gesamte Universum ihre Haut. Vergnügen<br />

VI:1,8<br />

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