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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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oder individuelle Bewusstsein ist eine unwirkliche Einbildung, denn was<br />

kann es denn schon tun? Mit Bedauern beobachte ich das Schicksal der Menschen,<br />

die unter den Wirkungen des Gemüts leiden, welches sie durch reine<br />

Einbildung ins Leben gerufen haben und welches die Wahrheit verdunkelt.<br />

In dieser Welt werden Toren geboren, um zu leiden und zugrunde zu gehen.<br />

Jeden Tag kommen Millionen Tiere überall auf der Welt um, jeden Tag werden<br />

Millionen über Millionen Insekten durch den Wind getötet, jeden Tag fressen<br />

die großen Fische des Ozeans die kleinen – was sollte da zu bedauern sein? In<br />

dieser Welt töten die stärkeren Tiere die schwächeren – von der kleinsten<br />

Ameise bis zu den größten Gottheiten sind sie alle Geburt und Tod unterworfen.<br />

In jedem Augenblick sterben zahllose Lebewesen und zahllose werden<br />

geboren – ganz gleich, ob die Leute dies mögen oder nicht, ob sie trauern<br />

oder jubeln. Es wäre wahrhaftig weiser, über das Unvermeidliche weder zu<br />

trauern noch zu jubeln!<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, wer versucht, den Kummer der Menschen von pervertierter Vernunft<br />

zu lindern, versucht nichts anderes, als den Himmel mit einem winzigen<br />

Sonnenschirm zu verdecken. Diejenigen, die sich wie Tiere benehmen,<br />

können nicht belehrt werden, denn wie die Tiere werden sie an der langen<br />

Leine ihres Gemüts geführt. Sogar die Steine vergießen Tränen, wenn sie<br />

diese unwissenden Menschen betrachten – versunken im Sumpf ihres eigenen<br />

Gemüts – deren Handlungen ihren eigenen Untergang herbeirufen. Der<br />

weise Mensch versucht daher nicht, diejenigen zu belehren, die ihr eigenes<br />

Gemüt noch nicht überwunden haben und daher in jeder Hinsicht elend sind.<br />

Andererseits ist der Weise stets bemüht, den Kummer derjenigen zu beseitigen,<br />

die ihr Gemüt beherrschen und daher reif sind für die Selbst-<br />

Erforschung.<br />

Das Gemüt ist nicht, o Rāma – bilde dir daher nicht unnötigerweise seine<br />

Existenz ein. Wenn du dir seine Existenz einzubilden beginnst, wird es dich<br />

vernichten, wie ein Geist. Solange du dein Selbst vergessen hast, so lange<br />

wird dieses imaginäre Gemüt existieren. Da du nun erkannt hast, dass das<br />

Gemüt durch die fortgesetzte Bestätigung seiner Existenz zunimmt, gib diese<br />

Art des Denkens auf.<br />

Sobald Objektivität in deinem Bewusstsein auftaucht, wird dieses konditioniert<br />

und begrenzt, und darin besteht die Bindung. Wird die Objektivität<br />

aufgegeben, wirst du gemütlos – und das ist Befreiung. In Kontakt mit den<br />

Eigenschaften der Natur zu kommen, bedeutet die Gefahr der Bindung – das<br />

Aufgeben dessen führt zur Befreiung. Wenn du dies weißt, kannst du tun, was<br />

dir beliebt. Verbleibe in dem Wissen „Ich bin nicht“ und „dies ist nicht“ fest<br />

und unbewegt wie der unendliche Raum. Gib alle unreinen Gedanken auf, die<br />

eine Dualität von Selbst und Welt erschaffen. In der Mitte zwischen dem<br />

Selbst als dem Seher und der Welt als dem Gesehenen bist du das Sehen (die<br />

Sicht) – verbleibe stets in dieser Erkenntnis. Zwischen dem Erfahrenden und<br />

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