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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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V:45<br />

vergoss Tränen wie wenn ein Damm einbricht und hielt seine Füße umklammert.<br />

Seine Mutter, an der Seite seiner Frau und auch voller Kummer, berührte<br />

sein Gesicht und weinte bittere Tränen und schrie laut. So war er umgeben<br />

von lauter trauernden Angehörigen.<br />

Er sah sich selbst bewegungslos liegen wie schlafend oder in tiefer Meditation,<br />

oder als ob er sozusagen eine lange Mittagsruhe machte. Er vernahm all<br />

dieses Weinen und Wehklagen der Angehörigen und fragte sich verwundert:<br />

„Was hat dies alles zu bedeuten?“ Er wurde nun neugierig, die Frage der<br />

Natur von Freundschaft und Verwandtschaft zu erforschen.<br />

Bald schon trugen die Angehörigen seinen Körper fort zum Verbrennungsplatz.<br />

Nach der Ausführung der Sterberiten, hoben sie seinen Körper auf den<br />

Scheiterhaufen. Sie setzen den Scheiterhaufen in Brand, und schon bald war<br />

der Körper des Gādhi von den Flammen verzehrt.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, Gādhi, der immer noch im Fluss stand, sah schließlich, wie er in<br />

der Region Bhūtamaï¬alaæ als Fötus im Leib einer Stammesangehörigen<br />

lag. Rings umher war er von Gewebe und Fleisch im Körper dieser Frau umgeben.<br />

Schließlich wurde er als ihr Sohn geboren. Eine Zeit lang suhlte er in<br />

seinen eigenen Exkrementen. Er war dunkelhäutig wie seine Eltern, und er<br />

war sehr geliebt in seiner Familie.<br />

Schnell wuchs er zu einem kräftigen jungen Mann heran. Er war ein guter<br />

Jäger. Er heiratete eine Stammesfrau. Frei wanderte er im Wald umher. Er<br />

führte ein nomadisches Leben – manchmal schlief er unter einem Baum,<br />

verbarg sich manchmal im Gebüsch und machte gelegentlich eine Höhle zu<br />

seinem Wohnplatz. Und schließlich wurde er Vater – seine Kinder gerieten<br />

ebenso grob und böse wie er selbst.<br />

Er hatte eine große Familie. Er besaß zahlreiche Freunde und Verwandte<br />

Schließlich wurde er alt. Er selbst starb nicht, verlor aber nach und nach alle<br />

seine Freunde und Verwandten an den Tod. Enttäuscht verließ er sein Heimatgebiet<br />

und wanderte in fremde Länder. Ziellos durchstreifte er viele Länder.<br />

Eines Tages, als er auf diese Weise von einem Ort zum nächsten wanderte,<br />

kam er in ein Königreich, das offensichtlich mit Reichtum und Wohlstand<br />

gesegnet war. Er ging die Promenade der Hauptstadt dieses Königreiches<br />

entlang. Vor sich bemerkte er einen riesigen königlichen Elefanten, der prächtig<br />

herausgeputzt war.<br />

Dieser königliche Elefant hatte eine Aufgabe. Der König, der dieses Königreich<br />

regiert hatte, war eben verstorben und hatte keinen Erben hinterlassen.<br />

Gemäß alten Bräuchen wurde nun der Elefant mit der Aufgabe betraut, einen<br />

geeigneten Nachfolger zu finden. Er suchte nach einer passenden Person, so<br />

wie ein Juwelier nach einem kostbaren Edelstein sucht.<br />

Der Jäger musterte den Elefanten eine Zeitlang mit einer Mischung aus<br />

Neugierde und Staunen. Der Elefant ergriff ihn schließlich mit seinem Rüssel<br />

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