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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Ein am Himmel visualisierter Palast muss nicht durch reale Säulen gestützt<br />

werden. Und so hängt auch die eingebildete oder illusorische Welterscheinung<br />

nicht von echter Zeit und echtem Raum ab. Zeit, Raum und Welterscheinung<br />

sind rein begrifflich. Diese Welterscheinung ist extrem subtil und gründet<br />

sich allein auf mentale Aktivität oder die Bewegung der Gedanken – sie ist<br />

wie Duft in der Luft. Jedoch wird diese Welterscheinung anders als der Duft<br />

in der Luft nur von dem Gemüt erfahren, das sie wahrnimmt, während Duft<br />

auch von anderen erfahren werden kann. So wie der eigene Traum nur vom<br />

Träumer erfahren wird, so wird diese Schöpfung nur von demjenigen erfahren,<br />

in dessen Gemüt sie auftaucht.<br />

In diesem Zusammenhang ist eine alte Legende erwähnenswert. Sie erzählt,<br />

wie Indra, der König der Götter, sich selbst im Innern eines subatomaren<br />

Partikels verborgen hat.<br />

Irgendwann in alter Zeit gab es eine Art von wunscherfüllendem Baum. Auf<br />

einem seiner Zweige wuchs eine Frucht, die dieses Universum war. Diese<br />

Frucht war ganz einzigartig und völlig verschieden von allen anderen Früchten.<br />

Wie die Würmer im Apfel lebten in ihr alle Arten von Wesen: Götter,<br />

Dämonen usw. Sie enthielt sowohl die Erde als auch den Himmel und die<br />

Unterwelten. Sie besaß ein riesiges Ausmaß, da sie eine Manifestation des<br />

unendlichen Bewusstseins war. Darüber hinaus war sie sehrreizvoll, denn sie<br />

barg in sich die unendlichen Möglichkeiten der verschiedenen Erfahrungen.<br />

Sie erstrahlte vor Intelligenz und beherbergte in ihrem Innern den Ich-Sinn.<br />

In ihr befanden sich alle Arten von Wesen, und zwar von den stumpfsten und<br />

unwissendsten bis hin zu denjenigen, die der Erleuchtung nahe waren.<br />

Auch Indra, der König der Götter, war in dieser Frucht. Einmal, als Lord<br />

Viåņu und andere sich gerade zurückgezogen hatten, wurde dieser Indra von<br />

mächtigen Dämonen überfallen. Indra rannte in alle zehn Himmelsrichtungen<br />

und die Dämonen setzten ihm nach. Schließlich wurde er von den Dämonen<br />

überwältigt. Als die Aufmerksamkeit der Dämonen für einen Moment abgelenkt<br />

war, nutzte Indra die Situation und nahm eine subtile, winzige Gestalt<br />

an (indem er die Idee seiner Größe aufgab und sich vorstellte, dass er subtil<br />

und winzig sei), und so schlüpfte er in ein subatomares Teilchen.<br />

In diesem fand er Ruhe und Frieden. Er vergaß den Krieg mit den Dämonen.<br />

Er visualisierte in dem Teilchen einen Palast für sich selbst, dann eine Stadt,<br />

dann eine ganze Nation mit weiteren Städten und Wäldern, und schließlich<br />

erblickte er darin die ganze Welt, ein ganzes Universum mit Himmel und<br />

Hölle. Er dachte nun, dass er Indra, der König dieses Himmels, sei. Ihm wurde<br />

ein Sohn geboren, den er Kunda nannte. Nach einiger Zeit gab dieser Indra<br />

seinen Körper auf und erlangte nirvāņa – wie eine Lampe ohne Brennstoff.<br />

Kunda wurde zu Indra und regierte die drei Welten. Auch er war gesegnet<br />

mit einem Sohn von gleicher Tapferkeit und gleichem Glanz. So vervielfachte<br />

sich seine Nachkommenschaft und sogar heute noch regiert einer seiner<br />

Nachkommen den Himmel. Und daher gibt es in diesem subatomaren Teilchen<br />

viele solche Könige, die jeder ihr eigenes Königreich regieren.<br />

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