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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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strahlen beginnen. Der Spross bildet zwei Blätter: Das eine nennt man das<br />

Studium der Schriften und das andere satsaÇga (Gemeinschaft mit den<br />

Weisen). Bald wird dieser Keimling aus dem Saft der Leidenschaftslosigkeit<br />

oder Reinheit des Gemüts die feste Rinde der Zufriedenheit ausbilden. Genährt<br />

durch den Regen der Weisheit der Schriften wird er schnell zu einem<br />

Baum heranwachsen. Dieser kommt nicht mehr so leicht ins Schwanken, auch<br />

wenn er von den Affen rāga-dveåa (Anziehung und Abstoßung) geschüttelt<br />

wirde. Er bildet sodann die breit ausladenden Äste der reinen Erkenntnis.<br />

Weitere Äste und Zweige dieses Baumes, die wachsen, sobald jemand vollständig<br />

in Meditation oder dhyana verankert ist, sind eine klare Sicht, Wahrhaftigkeit,<br />

Mut, ungetrübtes Verstehen, Gleichmut, Friede, Freundlichkeit,<br />

Mitgefühl, Ruhm usw.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Der Baum der Meditation wirft einen kühlen Schatten, in dem sämtliche<br />

Wünsche und Verlangen zu Ende gehen und all die brennende Qual aufhört.<br />

Meditation vergrößert den Schatten der Selbstbeherrschung, die die Stetigkeit<br />

des Gemüts fördert.<br />

Unter diesem Baum sucht ein Reh namens Gemüt, das in der Wildnis zahlloser<br />

Konzepte, Ideen und Vorurteile umhergewandert ist, bis es irgendwann<br />

den richtigen Weg gefunden hat, seine Zuflucht. Dieses Reh wird von zahllosen<br />

Feinden verfolgt, die nach seinem Fell trachten. Es verbirgt sich in den<br />

Dornbüschen des Körpers, um sich zu retten. All diese Bemühungen erschöpfen<br />

seine Kräfte. Hin und her rennend in diesem Wald des saæsāra, belästigt<br />

von den Winden der vāsanās oder latenten Neigungen und versengt von der<br />

Hitze des Ich-Sinns, ist das Reh nicht endenden Qualen unterworfen.<br />

Dieses Reh ist nie zufrieden mit dem, was es bekommt. Sein Verlangen vervielfältigt<br />

sich und es setzt alles dran, um dieses Verlangen zu befriedigen. Es<br />

hängt an den vielen Vergnügen wie Frau, Kinder usw. und erschöpft sich in<br />

seinen steten Sorgen um sie. Gefangen ist es im Netz des Wohlstands usw.<br />

und kämpft verzweifelt, um sich zu befreien. Im Verlaufe dieses Kampfes fällt<br />

es wieder und wieder und verletzt sich. Vom Strom des Verlangens wird es<br />

weit, weit davongetragen, verfolgt und gejagt von unzählbaren Leiden. Auch<br />

wird es von den verschiedenen Sinneserfahrungen in die Falle gelockt. Von<br />

seinen abwechselnden Aufstiegen in die Himmelsregionen und den nachfolgenden<br />

Stürzen in die Hölle wird es verwirrt und irregeführt. Zermalmt und<br />

verwundet wird es von den Steinen und Felsen namens mentale Modifikationen<br />

und schlechte Eigenschaften. Um dem zu entkommen, beschwört es mit<br />

seinem Intellekt verschiedene Verhaltensregeln herauf, die sich jedoch als<br />

wirkungslos erweisen. Eine Kenntnis des Selbst oder des unendlichen Bewusstseins<br />

hat es nicht.<br />

Dieses als Gemüt bekannte Reh wird bewusstlos gemacht durch den giftigen<br />

Atem der Schlange namens weltliche Freuden und Verlangen nach Vergnügen.<br />

Es wird von den Feuern des Zorns gebrannt. Ausgedörrt wird es von<br />

den Ängsten und Sorgen. Verfolgt wird es vom Tiger namens Armut. Es stürzt<br />

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