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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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III:100<br />

Jemand, der die Weisheit erlangt, sie lange Zeit hindurch behütet hat und<br />

ausdauernd der Praxis der Erforschung nachgeht, erfährt keinerlei Kummer.<br />

Ein unkontrolliertes Gemüt ist die Quelle der Sorgen. Wird es dagegen tiefgründig<br />

verstanden, dann verschwindet das Leid wie Nebel in der Morgensonne.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Das individualisierte Bewusstsein (das Gemüt) ist im Höchsten Sein aufgetaucht,<br />

oh Rāma – es ist gleichzeitig verschieden und nicht-verschieden vom<br />

unendlichen Bewusstsein, so wie eine Welle verschieden und nichtverschieden<br />

vom Ozean ist. Für den Erleuchteten gibt es nur das absolute<br />

Brahman und sonst nichts. Für den Unerleuchteten ist das Gemüt die Quelle<br />

des Lebenszyklus (saæsāra). Wenn wir dualistische Konzepte verwenden, oh<br />

Rāma, so geschieht dies ausschließlich zur Erleichterung der Unterweisung,<br />

denn die Getrenntheit ist irreal.<br />

Das absolute Brahman ist allmächtig – es gibt nichts, was außerhalb von<br />

ihm ist. Es ist seine eigene Kraft oder Energie, die alle Dinge durchdringt. In<br />

den verkörperten Wesen ist es cit-śakti (die Macht des Bewusstseins oder des<br />

Geistes). Es ist die Bewegtheit der Luft, die Festigkeit der Erde, die Leere im<br />

Raum, und es ist die Macht des Selbstbewusstseins („Ich bin“) in den erschaffenen<br />

Wesen. All dies ist nichts anderes als die Macht des absoluten Brahman.<br />

Es ist die Macht der Auflösung, die Macht, die den Kummer im Beladenen und<br />

die Hochstimmung im Freudigen verursacht, es ist die Tapferkeit des Kriegers,<br />

es ist die Macht, die die Schöpfung hervorbringt, und dieselbe Macht<br />

bewirkt wiederum die Auflösung des Universums.<br />

Der jīva ist der Verbindungspunkt von Bewusstsein und Materie. Weil er<br />

eine Widerspiegelung des absoluten Brahman ist, sagt man von ihm, dass er<br />

in Brahman sei. Sieh das gesamte Universum wie auch das „Ich“ als das absolute<br />

Brahman, denn das Selbst (welches Brahman ist) ist allgegenwärtig.<br />

Wenn dieses Selbst zu denken beginnt, wird es als Gemüt bezeichnet. Es ist<br />

nichts anderes als die Macht des absoluten Brahman, welche nicht verschieden<br />

von Brahman ist. In diesem sind sämtliche willkürlichen Unterteilungen<br />

in „Ich“ und „dies“ nichts als scheinbar reale Reflektionen. Die einzige Realität<br />

des Gemüts ist Brahman allein.<br />

Hier und da, ab und zu manifestiert diese Macht Brahmans die eine oder<br />

andere seiner Kräfte. Jedoch alle diese Manifestationen sind nichts als die nur<br />

scheinbar reale Reflektion der Macht Brahmans – keine reale Schöpfung.<br />

Erschaffung, Umwandlung, Existenz und Zerstörung werden von Brahman in<br />

Brahman hervorgebracht – all dies ist nichts als Brahman. Die Werkzeuge von<br />

Handlung, Täter und Tat, Geburt, Tod und Existenz – all das ist nur Brahman.<br />

Nichts anderes ist – nicht einmal in der Vorstellung. Täuschung, Verlangen,<br />

Gier und Anhaftung sind inexistent – wie könnten sie existieren, wenn es<br />

keine Dualität gibt? Wenn Bindung inexistent ist, dann ist es natürlich auch<br />

die Befreiung.<br />

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