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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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VI.2:101<br />

Vor der Beantwortung dieser Frage sollte man zuvor eine andere stellen:<br />

Empfindet diese Person, dass die Materie als Materie unzerstörbar und der<br />

Körper unsterblich sei? Wenn dies so ist, dann gibt es auch keinen Grund zu<br />

Kummer. Wenn jedoch der Körper aus verschiedenen Dingen zusammengesetzt<br />

ist, dann wird er auch gewiss verderben.<br />

Wenn man weiß, dass das Selbst reines Bewusstsein (und nicht der physische<br />

Körper) ist, dann gibt es für ihn, wenn er stirbt, auch kein saæsāra<br />

(Welterscheinung) in seinem Bewusstsein. Sollte das Verständnis dagegen<br />

nicht durch Klarheit oder die Schriften gereinigt sein, dann werden in ihm<br />

Stützpunkte für saæsāra zurückbleiben. Falls man denkt, dass es so etwas<br />

wie Bewusstsein nicht gibt, dann erfährt man einen Zustand der Leblosigkeit.<br />

Man mag annehmen, dass nur die Erfahrung im verkörperten Zustand real<br />

sei. Wenn man fest in dieser Überzeugung verharrt, glaubt man, dass der Tod<br />

das endgültige Ende aller Sorgen ist. Jedoch geschieht dies nur aufgrund<br />

fehlerhafter Erfahrung. Diejenigen, die an die Nicht-Existenz von Bewusstsein<br />

glauben, werden beim Aufgeben des Körpers zu leblosen Substanzen und<br />

versinken daher unvermeidlich in der undurchdringlichen Finsternis der<br />

Unwissenheit. Diejenigen andererseits, die glauben, dass der Welt eine relative<br />

Existenz zukommt (wie in einem Traum), erfahren diese Weltillusion auch<br />

weiterhin.<br />

Ob man diese Welt als eine dauerhafte Realität oder ein wandelhaftes Phänomen<br />

betrachtet – die Erfahrung von Freud und Leid bleibt dieselbe. Diejenigen,<br />

die die Welt für eine sich wandelnde, aber rein materielle Substanz<br />

(ohne Bewusstsein) halten, sind kindisch. Halte dich von ihnen fern! Diejenigen,<br />

die erkennen, dass die Körper im Bewusstsein existieren, sind weise –<br />

wir verneigen uns vor ihnen! Diejenigen, die denken, dass im Körper Intelligenz<br />

ist, sind unwissend.<br />

Es ist reines Bewusstsein mit dem jīva als seinem Körper, welches in diesem<br />

kosmischen Raum auf und nieder geht. Was auch immer der jīva in sich<br />

selbst denkt, das erfährt er. So wie Wolken verschiedene Muster am Himmel<br />

bilden und Wellen auf der Oberfläche des Meeres auftauchen, so erscheinen<br />

diese Welten im unendlichen Bewusstsein. Die Traumstadt ist nur das Gemüt<br />

des Träumers und benötigt nicht einmal die zusammenwirkenden Ursachen<br />

(wie Baumaterial), um errichtet zu werden. Ebenso ist auch das Universum –<br />

es ist reines Bewusstsein und nichts anderes. Diejenigen, die dies zu erkennen<br />

vermögen, werden frei von Illusion, von Anhaftung (Abhängigkeit) und<br />

von mentaler Qual, während sie weiterhin spontan und angemessen handeln,<br />

in allen Situationen, die im Strom des Lebens entstehen. VASIåèHA fuhr fort:<br />

Jeder ist immer nur reines Bewusstsein und nichts anderes. Was kann es<br />

außer diesem Bewusstsein noch geben? Wenn doch Bewusstsein allein existiert<br />

– was gibt es dann noch zu gewinnen und zu verlieren? Wenn es nichts<br />

anderes gibt, dann werden rāga (Anziehung oder Zuneigung) und dveåa (Abweisung<br />

oder Abneigung) gleichermaßen bedeutungslos.<br />

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