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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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dann zum Kummer, nicht zum Glück. In dieser Welt ist allein diese Ideenbildung<br />

für alle Sorgen verantwortlich!<br />

Diese Ideenbildung oder Vorstellung ist durch schiere Koinzidenz entstanden<br />

(die Krähe lässt sich auf einem Baum nieder, und eine Frucht fällt auf den<br />

Boden ohne kausale Verknüpfung). Und doch ist diese völlig unwirkliche<br />

Nicht-Substantialität fähig zu wachsen! Deine Geburt ist daher unwirklich –<br />

auch deine Existenz selbst ist unwirklich. Sobald du dies erkennst und verwirklichst,<br />

hört das Unwirkliche auf.<br />

Unterhalte daher keine Ideen. Halte nicht an der Vorstellung deiner eigenen<br />

Existenz fest. Denn allein dadurch geschieht es, dass die Zukunft in Erscheinung<br />

tritt. Man muss die Zerstörung all dieser Ideenbildungen nicht fürchten.<br />

Wenn es keine Gedanken gibt, hören die Vorstellungen oder die Ideenbildung<br />

auf. Mein Sohn, es ist einfacher, Vorstellungen aufzugeben, als eine Blume auf<br />

der Handfläche zu zerdrücken. Das letztere erfordert Anstrengung, das erstere<br />

ist dagegen mühelos. Wenn somit alle Vorstellungen aufhören, entsteht ein<br />

großer Friede, und alle Sorge wird an der Wurzel zerstört. Denn alles in diesem<br />

Universum ist nichts als eine Idee, eine Vorstellung, ein Konzept; es hat<br />

unterschiedliche Namen wie Gemüt, lebendige Seele oder jīva, Vernunft und<br />

Konditionierung. Da sind keinerlei reale Gegebenheiten, die diesen Wörtern<br />

entsprechen. Entferne daher alle Gedanken. Verschwende nicht dein Leben<br />

und deine Bemühung in anderen Aktivitäten.<br />

Sobald die Vorstellungen schwächer werden, ist man weniger anfällig für<br />

Glück und Unglück, während die Erkenntnis der Unwirklichkeit der Objekte<br />

die Anhaftung verhindert. Gibt es keinerlei Erwartungen mehr, dann gibt es<br />

auch keine Hochstimmungen oder Depressionen mehr. Das Gemüt selbst ist<br />

der jīva, wenn er im Bewusstsein reflektiert wird, und es ist das Gemüt, das<br />

Luftschlösser baut und sich in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />

erstreckt. Die vielfältigen Wellen der Ideenbildungen nachzuvollziehen ist<br />

letztlich unmöglich, aber soviel kann gesagt werden: Es sind die Sinneserfahrungen,<br />

die sie vervielfältigen, und sobald diese aufgegeben werden, hören<br />

die Ideenbildungen auf. Wenn diese Vorstellungen real wären wie etwa die<br />

Schwärze der Kohle, dann könnten sie nicht entfernt werden. Tatsächlich<br />

aber ist es nicht so. Daher können sie sehr wohl beseitigt werden.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Nachdem ich die Worte des Weisen vernommen hatte, ließ ich mich auf den<br />

Kadamba-Baumnieder. Wir waren alle drei ziemlich lange in Diskussionen<br />

über die Selbsterkenntnis vertieft, und ich erweckte in ihnen die höchste<br />

Erkenntnis. Dann verabschiedete ich mich von ihnen und zog weiter. Oh<br />

Rāma, all diese Erzählungen dienen zur Illustration der Natur dieser Welterscheinung.<br />

Die ganze Geschichte ist daher so wahr wie diese Welt selbst!<br />

Aber auch wenn du glaubst, dass diese Welt und du selbst real sind, dann<br />

sei es so – verbleibe dann fest in deinem eigenen Selbst! Denkst du dagegen,<br />

dass all dies sowohl real wie irreal sei, dann nimm die dementsprechende<br />

Haltung gegenüber der wechselhaften Welt ein. Glaubst du dagegen, dass die<br />

IV:55,56<br />

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