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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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VI.2:149<br />

stehen. Er schreibt diese dennoch dem Traum zu. Daher ist die im Bewusstsein<br />

auftauchende Welterscheinung früher oder später aufgrund schierer<br />

Koinzidenz Wandlungen unterworfen.<br />

Die Idee der Schöpfung kommt ganz am Anfang im Bewusstsein zum Vorschein<br />

und materialisiert sich. Diese Materialisation ist reines Bewusstsein.<br />

Abgesehen davon ist alles andere entweder real oder irreal, geordnet oder<br />

ungeordnet. In den Augen der Unwissenden erscheinen Träume daher<br />

manchmal als wahr und manchmal als unwahr – in den Augen des Erleuchteten<br />

dagegen sind sie weder real noch irreal. Die Welterscheinung ist eine<br />

Erscheinung, die im Bewusstsein auftaucht; hier verbietet allein schon das<br />

Wort „Erscheinung“ alle diese Erscheinung betreffenden ernsthaften Ergründungsversuche.<br />

Man schläft nach dem Traum und man schläft nach dem Wachzustand. Wachen<br />

und Träumen sind folglich nicht verschieden voneinander. Nur das „leblose“<br />

Objekt des Bewusstseins wird als Wachen, Träumen und Schlafen erachtet<br />

– all dies sind nur Worte ohne reale Bedeutung. In diesem Lang-Traum<br />

gibt es weder Ordnung noch Unordnung. Was auch immer im Traum auftaucht,<br />

ist so – wie die Bewegung in der Luft, denn in Abwesenheit des Verursachungsprinzips<br />

wird die Ordnung irrelevant. Ebenso ist auch die gesamte<br />

Schöpfung ohne definitive Verursachung – was ein Objekt zu sein scheint, das<br />

ist es auch, und eben darin besteht die Weltordnung. Träume sind manchmal<br />

real und manchmal irreal und daher keinem festen Prinzip oder Ordnung<br />

unterworfen. Sie sind pure Koinzidenz. Die Visionen, die aufgrund von Magie,<br />

Mantras oder Drogen auftauchen, existieren ebenso im Wachzustand. Das<br />

unkonditionierte, reine Bewusstsein wird nicht durch die Wach-, Traum- und<br />

Tiefschlafzustände konditioniert und ist daher stets als einziges real.<br />

DER WEISE fuhr fort:<br />

Als ich, während ich mich im Herzen der anderen Person befand, meine eigenen<br />

Verwandten usw. erblickte, vergaß ich für einen Moment, dass diese<br />

nur die Erzeugnisse meiner eigenen Ideen waren. Ich lebte mit ihnen dann<br />

sechzehn Jahre. Eines Tages kam ein großer Asket zu meinem Haus. Ich diente<br />

ihm mit Liebe und Ergebenheit. Ich ergriff die Gelegenheit, ihm die folgende<br />

Frage zu stellen: „In dieser Welt erfahren die Menschen, wie man sagt, die<br />

guten und bösen Resultate ihrer guten und bösen Taten. Ist dies in allen Fällen<br />

die Wahrheit?“<br />

Der Asket zeigte sich von dieser Frage überrascht.<br />

DER ASKET erwiderte:<br />

Bitte sage mir, was ist in dir, was das Gute vom Bösen unterscheidet? Wer<br />

bist du, wo bist du, wer bin ich, was ist diese Welt? All dies ist nichts als ein<br />

Traum. Ich bin dein Traumobjekt und du bist mein Traumobjekt. Das Objekt<br />

besitzt in Wahrheit keinerlei Gestalt. Wenn das Bewusstsein sich selbst jedoch<br />

eine Gestalt zuschreibt, nimmt es diese auch an. Die Idee: „all dies hat<br />

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