Yoga Vasistha

des Traums der wahre Wachzustand. Ganz gewiss ist für den Träumer der
Traum sein wahrer Wachzustand, nicht der andere Wachzustand.
In Beziehung zum Wachzustand erscheint der Traumzustand als kurzlebig.
Auf dieselbe Weise erscheint auch dem Träumer der Wachzustand als kurz.
Zwischen beiden besteht nicht der geringste Unterschied; keiner ist real.
Sobald das Gewahrsein aufhört, hören auch Wachen und Träumen auf. Dann
ist da Leere. Der lebende Mensch erfährt weder im Traum noch im Wachen
„die andere Welt“, solange nicht das Bewusstsein des Todes auftaucht. So wie
Träume im Bewusstsein erscheinen und die drei Welten erschaffen, so erscheint
auch die Welt im Wachzustand. So wie die Traumschöpfung reine
Leerheit ist, so ist auch die Welt des Wachzustands leer mit Ausnahme des
unendlichen Bewusstseins, in dem allein all diese Erscheinungen auftauchen.
Die Welt ist die Illusion, die im Bewusstsein aufgrund seiner eingeborenen
Kräfte zum Vorschein kommt. Bewusstsein allein erstrahlt als Wasser, Erde,
Raum und Mauern. Es gibt in ihm nichts, was man greifen oder festhalten
kann.
VASIåèHA fuhr fort:
Das Selbst oder das unendliche Bewusstsein ist die offensichtlichste Wahrheit,
die keiner Worte wie „Selbst“ oder „Erkenntnis“ bedarf und von diesen
unabhängig ist. Direkt vom Anfang der ursprünglichen Schöpfung an existiert
nur dieses unendliche Bewusstsein, welches in sich die Idee der Schöpfung
barg. Weise Männer und Gelehrte haben erklärt, dass die Selbsterkenntnis
frei von Ideenbildungen und von Wissen über materielle Objekte ist. Aber all
dies ist nichts als das Selbst. Niemals hat es hier eine Kenntnis (eine Kategorie)
namens Nicht-Wissen gegeben. Wissen und Nicht-Wissen (Unwissenheit)
sind zwei Konzepte, denen keinerlei Realität zugrundeliegt. Was sollte da zu
wissen und nicht zu wissen sein? Die Erkenntnis dessen, was ist, die Erkenntnis,
dass dieses dies ist, und die Erkenntnis, dass dies unwirklich ist –
all dies taucht im Bewusstsein auf. Die Erkenntnis des Selbst, die Erkenntnis
des Unwirklichen, die Abwesenheit von Erkenntnis, die Erkenntnis, dass die
Wahrheit anders als die Erscheinung ist – all dieses ist nur das Spiel des unendlichen
Bewusstseins und bloße Manifestation oder Erweiterung der
Selbsterkenntnis.
Die Tatsache der Selbsterkenntnis existiert sogar dann, wenn der Begriff
„Selbsterkenntnis“ fallengelassen wird. Selbsterkenntnis allein ist. Lass mich
dies veranschaulichen: Es gibt da einen mächtigen Felsen, der riesig ist und
dessen Flanken der blaue Himmel bildet. Er hat keine Verbindungen, weil er
keine Trennungen hat. Er ist absolut solide und ungeteilt. Er ist unvergänglich.
Er ist unvergleichlich und einzigartig. Sein Ursprung liegt im Dunkeln.
Sein Inneres ist nicht-materiell, aber fest. In ihm befinden sich zahllose Eindrücke
oder Bilder, die ihm selbst als jīva bekannt sind. Er ist fühlend und
nicht-fühlend.
Niemand vermag diesen Felsen aufzubrechen. Und doch befinden sich in
ihm alle diese Eindrücke, die man Götter, Dämonen und Menschen nennt, mit
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