Yoga Vasistha

Nur durch ihr Erscheinen am Himmel spiegelt sich die Sonne im Ozean wider,
ohne dass beide von ihnen die Absicht dazu hegen. Ebenso wird durch
das simple Zusammentreffen von Schrift und Sucher die Wahrheit im letzteren
reflektiert. Ein Kind mit schmutzigen Händen greift in den Schlamm und
reibt seine Hände und wäscht sie dadurch – dadurch werden die Hände sauber.
Auf dieselbe Weise reinigen die Schriften das Gemüt und das reine Gemüt
reflektiert die Wahrheit.
Überall im Himmel gibt es Licht, aber nur durch das Zusammentreffen mit
einem reflektierenden Objekt gibt es Beleuchtung. Auf dieselbe Weise gibt es
Erleuchtung, wenn die Schriften (oder der Guru) mit dem Sucher zusammentreffen.
Daher wird die höchste Wahrheit realisiert, sobald man mit Hilfe der
Worte des Lehrers, satsaÇga (Gemeinschaft mit Heiligen), Selbstbeherrschung
und Geisteskontrolle über die wahre Bedeutung der Schriften nachdenkt.
VASIåèHA fuhr fort:
Noch einmal werde dir etwas mitteilen, oh Rāma, bitte leihe mir dein Ohr.
Durch wiederholtes Anhören der Wahrheit wird sogar die unwissende Person
erweckt.
Zu Beginn habe ich das sthiti prakaraïaæ dargelegt, in dem die Wahrheit
betreffend die Schöpfung dieses Universums enthüllt wurde. Danach habe ich
das upaÓānti prakaraïaæ dargelegt, in dem die Mittel zur Überwindung
dieser Weltillusion behandelt wurden. Nachdem man von dieser Weltillusion
frei geworden ist, sollte man hier ohne mentale Erregung und Qual leben.
Man sollte in dieser Welt leben im Zustand des Gleichmuts, der sämtliche
Segnungen verleiht und selbst die höchste Form der spirituellen Tröstung
darstellt, der der größte Reichtum ist und das eigene Glück fördert. Der
Gleichmut lässt die Reinheit wachsen. Aus dem Gleichmut ergeben sich all die
anderen edlen Qualitäten. Gleichmut kann mit keinem Segen und keinem
Wohlstand in der Welt verglichen werden. Er setzt allem Kummer ein Ende.
Selten sind die Seelen, die im Gleichmut verankert sind und für die alle
Freunde sind.
Für denjenigen, der im Gleichmut verankert ist, bedeuten die Sorgen Glück
und der Tod neues Leben. Wer kann die Größe desjenigen ermessen, der frei
von Jubel und von Niedergeschlagenheit ist; der tut, was getan werden muss
und wie es getan werden muss; der das, was zu sehen ist, als das sieht, was es
ist. In einen solchen Menschen, der ein natürliches Leben führt, haben
Freunde und Verwandte, Feinde und Könige das allergrößte Vertrauen.
Durch solch eine natürliche Lebensweise wird niemand verletzt, auch wenn
er zornig werden sollte. Die Menschen applaudieren dem, was er tut oder was
er isst sogar dann, wenn er andere überwältigt oder zurechtweist: denn er ist
im Gleichmut verankert. Sie applaudieren dem, was er jetzt tut oder in der
Vergangenheit getan hat, ob dies nun gut oder nicht so gut gewesen ist.
VI.2:198
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