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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Herr, das Gemüt ist der Schöpfer der Welt – das Gemüt allein ist die höchste<br />

Person. Was vom Gemüt getan wird, ist Tätigkeit – was vom Körper getan<br />

wird, gilt nicht als Tätigkeit. Schau nur diese Kräfte des Gemütes – nur durch<br />

entschlossenes Daran-Denken wurden die heiligen Männer zu Schöpfern<br />

dieses Universums! Denkt jedoch jemand andererseits: „Ich bin ein unbedeutender<br />

Körper“, dann wird er zu einem sterblichen Wesen. Wessen Bewusstsein<br />

nach außen gerichtet ist, der erfährt Freuden und Schmerzen, während<br />

andererseits der Yogi, dessen Sichtweise nach innen gewandt ist, keinerlei<br />

Ideen von Schmerzen und Freuden hegt. Es gibt in dieser Hinsicht eine Legende,<br />

die ich dir erzählen werde.<br />

Im Lande Magadha gab es einen König namens Indradyumna. Ahalyā war<br />

seine Frau. An diesem Ort befand sich außerdem ein stattlicher junger Mann<br />

von lockeren Sitten, der Indra hieß. Eines Tages, während einer Unterhaltung,<br />

hörte die Königin die Geschichte von der Verführung der berühmten Ahalyā<br />

durch Indra, den König des Himmels. Als Ergebnis davon begann sie eine<br />

große Liebe für den jungen Mann Indra zu hegen.<br />

Ahalyā war außer sich vor Liebe zu Indra. Mit der Hilfe einer ihrer Dienerinnen<br />

gelang es ihr, den jungen Mann zu sich kommen zu lassen. Von da an<br />

pflegten Indra und Ahalyā einander regelmäßig in einem geheimen Haus zu<br />

treffen und sich aneinander zu erfreuen.<br />

Ahalyā war so vernarrt in Indra, dass sie ihn überall erblickte. Schon der<br />

Gedanke an ihn ließ ihr Gesicht leuchten. Als ihre Liebe wuchs, wurde ihr<br />

Verhältnisallbekannt, und so kam sie dem König zu Ohren.<br />

Der zornige König versuchte ihre Beziehung zu zerstören und bestrafte sie<br />

auf zahlreiche Arten: Sie wurden in eiskaltes Wasser getaucht, in siedendem<br />

Öl gebraten, an die Beine eines Elefanten gebunden und ausgepeitscht. Indra<br />

lachte nur und sprach zum König:<br />

„Oh König, das gesamte Universum sehe ich als nichts anderes als meine<br />

Geliebte. Genauso ist es mit Ahalyā. Daher berührt uns dies alles nicht. Mein<br />

Herr, ich bin nurGemüt– das Gemüt allein ist das Individuum. Du kannst den<br />

Körper schlagen, aber du kannst weder das Gemüt strafen noch den kleinsten<br />

Wandel in ihm hervorrufen. Wenn das Gemüt vollständig von etwas erfüllt ist,<br />

dann ist es gleichgültig, was mit dem Körper geschieht – es berührt das Gemüt<br />

nicht. Das Gemüt ist unberührt von Gunsterweisen und Flüchen – so wie<br />

ein fest gegründeter Berg nicht von den Hörnern eines kleinen Wildtieres<br />

bewegt wird... Nicht der Körper erschafft das Gemüt, sondern das Gemüt<br />

erschafft den Körper. Das Gemüt allein ist der Same für den Körper – wenn<br />

der Baum stirbt, so doch nicht auch der Same; verdirbt jedoch der Same,<br />

dann auch der Baum. Sollte aber der Körper verderben, dann kann das Gemüt<br />

jederzeit neue Körper für sich selbst erschaffen.“DIE SONNE fuhr fort:<br />

Oh Herr, daraufhin ging der König zum Weisen Bharata und bat ihn darum,<br />

das widerspenstige Paar durch Verfluchen zu bestrafen. Und so sprach der<br />

Weise einen Fluch gegen das Paar aus. Doch antwortete dieses daraufhin dem<br />

Weisen und dem König: „Oh weh! Euer Verstehen ist nur gering! Durch diese<br />

III:90, 92<br />

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