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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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entsteht nur im Gemüt, was besonders im Traumzustand deutlich wird. Was<br />

immer hier als die vermeintliche Welt gesehen wird, ist nichts anderes als die<br />

Ausbreitung des Gemüts in demselben Sinne, in dem Töpfe die Verwandlungsformen<br />

von Ton sind.<br />

Es gibt zwei Samen für diesen Baum genannt „Gemüt“, das in sich selbst die<br />

zahllosen Ideen und Vorstellungen trägt, nämlich 1) die Bewegung des prāïa<br />

(der Lebenskraft) und 2) eigensinnige Einbildungskraft. Sobald es eine Bewegung<br />

des prāïa in den entsprechenden Kanälen gibt, gibt es auch eine<br />

Bewegung im Bewusstsein, woraufhin das Gemüt auftaucht. Auch dies ist<br />

wiederum nur die Bewegung des prāïa, sobald diese vom Gemüt wahrgenommen<br />

oder gesehen wird. Und das Gemüt beginnt dann, die Welterscheinung<br />

wahrzunehmen, die so real ist wie die Bläue des Himmels. Das Aufhören<br />

des prāïa ist gleichzeitig das Aufhören der Welterscheinung. Das allgegenwärtige<br />

Bewusstsein wird durch die Bewegung des prāïa sozusagen „erweckt“.<br />

Geschieht dies nicht, dann ist da das höchste Wohl.<br />

Sobald Bewusstsein auf diese Art „erweckt“ wird, beginnt es Objekte wahrzunehmen;<br />

es entstehen Ideen und infolgedessen Sorgen. Wenn dieses Bewusstsein<br />

andererseits in sich selbst ruht, fast wie in tiefem Schlaf, dann<br />

erlangt man das, was am wünschenwertesten ist, und dies ist der höchste<br />

Zustand. Daher wirst du den ungeborenen Zustand des Bewusstseins dann<br />

realisieren, wenn du entweder in deinem psychischen Raum (der Konzepte<br />

und Ideen) die Bewegung des prāïa anhältst oder aber aufhörst, die Ruhe des<br />

Bewusstseins zu stören. Wenn diese Ruhe oder Homogenität aufgerührt wird<br />

und das Bewusstsein die Vielfalt zu erfahren beginnt, dann taucht das Gemüt<br />

auf und all die zahllosen psychologischen Konditionierungen treten ins Dasein.<br />

Um die Stillheit des Gemüts herbeizuführen, praktizieren die Yogis<br />

prāïayāma (die Zurückhaltung der Bewegung der Lebenskraft), Meditation<br />

und andere geeignete und angemessene Methoden. Große Yogis erachten<br />

prāïayāma als die am besten geeignete Methode, um die Stille des Gemüts,<br />

des Friedens usw. zu erreichen.<br />

Ich werde dir nun den anderen Gesichtspunkt beschreiben, nämlich denjenigen<br />

der Weisen, der aus ihrer direkten Erfahrung entsprungen ist. Sie erklären,<br />

dass das Gemüt geboren ist wegen hartnäckigem Hängen an Vorstellungen<br />

oder illusorischer Einbildungskraft.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Als Konditionierung oder Begrenzung wird die Wahrnehmung eines Objekts<br />

bezeichnet, wenn jemand hartnäckig an seiner Idee betreffend das Objekt<br />

festhält und die tiefgehende Ergründung in die Natur der Wahrheit aufgibt.<br />

Wird dann eine solche Idee dauerhaft und intensiv unterhalten, dann<br />

entsteht dadurch im Bewusstsein diese Welterscheinung. Die Person wird<br />

sodann in ihrer eigenen Konditionierung gefangen und hält das, was sie sieht,<br />

für die Realität. So entsteht die Täuschung. Weiterhin, aufgrund der Intensität<br />

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