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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Diejenigen, die die direkte Erfahrung des kosmischen Wesens besitzen, nehmen<br />

keinerlei Vielfalt wahr; auch dann nicht, wenn ihre Augen die Welt erblicken.<br />

In ihrem Gemüt gibt es während der Tätigkeiten keinerlei ungeordnete<br />

Gedanken oder Bewegungen in verschiedenste Richtungen; ihr Gemüt ist ein<br />

Nicht-Gemüt, in dem eine Nicht-Bewegung von Gedanken existiert. Ihr Verhalten<br />

ist auf dieselbe Weise nicht-willentlich wie ein trockenes Blatt, das im<br />

Wind treibt.<br />

Der unwissende Tor, gebunden an die psychologische Konditionierung,<br />

rühmt die von den Schriften vorgeschriebenen Handlungen, weil er spirituell<br />

nicht erweckt ist. Seine Sinne suchen nach der Beute ihrer Objekte. Der Weise<br />

dagegen hält die Sinne zurück und verbleibt im Selbst. Weder gibt es formloses<br />

Gold noch Brahman ohne alle Manifestation. Und doch besteht Emanzipation<br />

in der Beseitigung der Konzepte von Schöpfung und Manifestation. Am<br />

Ende dieses kosmischen Weltzyklus gibt es während der Periode der Auflösung<br />

eine einzige vollkommene Finsternis, die die gesamte Schöpfung bedeckt.<br />

Auf dieselbe Weise ist in den Augen der Weisen das gesamte Universum<br />

eingehüllt von der Wirklichkeit Brahmans. Trotz all der darin enthaltenen<br />

Vielfalt und Bewegung ist der Ozean eine homogene Einheit; es gibt nur<br />

das eine Brahman, das alle Vielfalt und Bewegungenthält. Es gibt diese Welt<br />

innerhalb des Ich-Sinns und den Ich-Sinn innerhalb dieser Schöpfung; sie<br />

sind untrennbar. Der jīva sieht diese Schöpfung in sich selbst, ohne jede Ursache<br />

oder Beweggrund. Das Schmuckstück ist Gold. Wird es nicht mehr als<br />

Schmuckstück gesehen, hört es auf und das Gold allein bleibt zurück. Die<br />

Wissenden leben daher nicht, auch wenn sie lebendig sind, sie sterben nicht,<br />

auch wenn sie sterben, sie existieren nicht, auch wenn sie existieren. Ihre<br />

Handlungen sind nicht-willentliche Funktionen des Körpers.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

In jedem Körper existiert der jīva wie eine Schneeflocke – scheinbar schwer<br />

und gross in schweren und großen Wesen und leicht und fein in kleinen Wesen.<br />

Das „Ich“ betritt in seiner Vorstellung die Dreiheit, und da es seiner selbst<br />

gewahr ist, hält es sich selbst für einen Körper, obwohl dies irreal ist und nur<br />

als real erscheint. In dieser Dreiheit, welche die Hülle von Karma ist, existiert<br />

der jīva, der die eigentliche Essenz des Samentropfens ist, in diesem Körper<br />

wie der Duft in einer Blüte. So wie sich die Strahlen der Sonne über die Erde<br />

ausbreiten, breitet sich der jīva, der im Samentropfen und in die Dreiheit<br />

eingetreten ist, selbst über den ganzen Körper aus.<br />

Obgleich der jīva überall außen und innen ist, besitzt er doch ein besonderes<br />

Zugehörigkeitsempfinden zu dieser vitalen Energie (Samentropfen), die<br />

er deshalb als seine eigene, besondere Heimstatt ansieht. So existiert er dann<br />

in den Herzen der Lebewesen – was immer er sich vorstellt, während er in<br />

den Wesen existiert, wird zu der Erfahrung, die er erfährt. Jedoch erlangt er<br />

so lange keinen Frieden und hört nicht auf, die falsche Idee von „Ich bin dies“<br />

zu hegen, bis er nicht sämtliche Bewegungen der Gedanken im Bewusstsein<br />

aufgegeben hat und zum Nicht-Gemüt geworden ist. Daher, oh Rāma, auch<br />

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