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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Die Geschichte vom Fels<br />

* * *<br />

VI.1:46<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Es gibt noch eine weitere Geschichte, oh Rāma, die dies illustriert. Ich werde<br />

sie dir nun erzählen.<br />

Es gibt einen großen Fels voll Zärtlichkeit und Liebe, der immer ganz klar<br />

und deutlich wahrgenommen wird, der weich ist, allgegenwärtig und ewiglich.<br />

In ihm blühen zahllose Lotosblüten. Manchmal berühren sich die Blätter<br />

dieses Lotos, manchmal nicht, manchmal zeigen sie sich dem Betrachter und<br />

manchmal verbergen sie sich vor ihm. Manche schauen abwärts, andere wiederum<br />

aufwärts, während die Wurzeln mancher miteinander verflochten<br />

sind. Manche haben aber auch überhaupt keine Wurzeln. Alle Dinge existieren<br />

darin, obwohl sie aber auch nicht darin sind.<br />

Oh Rāma, dieser Fels ist in Wahrheit das kosmische Bewusstsein; in seiner<br />

Homogenität ist es felsengleich. Und doch erscheinen in ihm alle die verschiedenen<br />

Lebewesen des Universums. So wie sich jemand innerhalb eines<br />

Steinblocks verschiedene Figuren und Formen vorstellt, wird auch dieses<br />

Universum fälschlicherweise in diesem Bewusstsein gesehen. Ein Fels bleibt<br />

ein Fels, auch wenn ein Bildhauer verschiedene Figuren aus diesem Fels<br />

heraus „erschafft“, und ebenso steht es auch mit diesem kosmischen Bewusstsein,<br />

dass eine homogene Masse von Bewusstsein ist. So wie ein massiver<br />

Fels potenziell verschiedene Figuren enthält, die aus ihm herausgearbeitet<br />

werden können, so existieren die verschiedenen Namen und Gestalten der<br />

Kreaturen in diesem Universum potentiell im kosmischen Bewusstsein. So<br />

wie ein Fels immer ein Fels bleibt, behauen oder unbehauen, so bleibt Bewusstsein<br />

immer Bewusstsein, ob die Welt nun erscheint oder nicht. Die<br />

Welterscheinung ist nichts als ein leerer Ausdruck – seine Substanz ist tatsächlich<br />

nur Bewusstsein und nichts anderes.<br />

In Wahrheit sind alle diese Manifestationen und Modifikationen nichts anderes<br />

als Brahman, das kosmische Bewusstsein, obschon nicht im Sinne der<br />

Manifestation oder Modifikation (d.h. nicht als diese manifestierten Formen).<br />

Sogar solche Unterscheidungen, nämlich „Modifikation im Sinne von Modifikation<br />

oder in irgendeinem anderen Sinn“, sind in Brahman bedeutungslos.<br />

Werden solche Ausdrücke im Zusammenhang mit Brahman benutzt, dann<br />

bedeuten sie etwas ganz anderes, wie das Wasser in einer Fata Morgana. Weil<br />

ein Same nie etwas anderes als den Samen enthalten kann, sind auch die<br />

Blüten und Früchte von derselben Natur wie der Same, und die Substanz des<br />

Samens ist auch die Substanz der ihr entspringenden Wirkungen. Auf dieselbe<br />

Weise kann aus der homogenen Masse des kosmischen Bewusstseins nicht<br />

etwas anderes als das entspringen, was seiner Essenz entspricht. Sobald<br />

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