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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Wem der Kontakt mit einer scharfen Waffe und der Kontakt mit einer nackten<br />

Frau dieselbe Erfahrung bedeuten, der ist im höchsten Zustand verankert.<br />

Man soll sich der spirituellen Praxis befleißigen, bis man den Zustand erlangt<br />

hat, in dem der Kontakt mit den Objekten dieselbe Reaktion hervorruft, wie<br />

man sie im Tiefschlaf empfinden würde. Der Kenner des Selbst ist von mentaler<br />

Krankheit oder psychologischem Leiden gänzlich unberührt.<br />

So wie geschlucktes Gift körperliche Leiden verursacht, ohne dabei seine<br />

Natur als Gift aufzugeben, so wird das Selbst zum jīva, ohne dabei seine Natur<br />

als das Selbst oder ungeteiltes Bewusstsein aufzugeben. Auf dieselbe Weise<br />

nimmt das Bewusstsein die Natur des Unbewusstseins oder der Trägheit an.<br />

In Brahman scheint etwas aufgetaucht zu sein, obgleich es tatsächlich nichtverschieden<br />

von Brahman ist. Gift vergiftet den Körper, hört aber nicht auf,<br />

Gift zu sein. Ebenso wird das Selbst weder geboren noch stirbt es, während es<br />

von einem anderen Gesichtspunkt aus ins Dasein kommt und stirbt.<br />

Nur dann, wenn die eigene Intelligenz nicht in objektiver Wahrnehmung<br />

ertrinkt, ist man in der Lage, diesen Ozean des saæsāra so leicht zu überqueren,<br />

als wäre er wie die Fußspur eines Kalbs. Erreicht wird dies jedoch nicht<br />

durch die Hilfe Gottes oder durch andere Mittel. Wie kann im Selbst, das<br />

allgegenwärtig und in allem ist, überhaupt das Gemüt oder der Ich-Sinn entstehen?<br />

Es gibt da weder Gutes noch Böses irgendwo, gegenüber irgendjemandem<br />

und zu irgendeinem Zeitpunkt, es gibt da weder Vergnügen noch<br />

Schmerz, weder Not noch Wohlstand. Niemand ist der Täter, und niemand ist<br />

der Genießende von irgendetwas.<br />

Zu sagen, dass der Ich-Sinn im Selbst aufgetaucht sei, ist dasselbe wie zu<br />

sagen, dass der Raum (die Entfernung) im Raum entstanden ist. Der Ich-Sinn<br />

ist nur eine Täuschung und unwirklich. Im Raum gibt es nichts als Räumlichkeit<br />

– ebenso existiert im Bewusstsein nur Bewusstsein. Das, was man den<br />

Ich-Sinn („Ich“) nennt, weder bin ich es, noch bin ich es nicht. Dieses Bewusstsein<br />

existiert wie ein Berg innerhalb jedes Atoms, denn es ist außerordentlich<br />

subtil. Dieses extrem subtile Bewusstsein hat Ideen von „ich“ und<br />

„dies“, und diese scheinen als entsprechende Substanzen zu existieren. So wie<br />

ein Strudel nichts anderes als eine rein begriffliche Vorstellung des Wassers<br />

ist, so sind der Ich-Sinn und Raum usw. nur Ideen, die im Bewusstsein erscheinen.<br />

Das Aufhören solcher Ideen nennt man die kosmische Auflösung.<br />

Auf diese Weise, als Ideen und als nichts anderes, treten alle Welten ins Dasein<br />

und verschwinden wieder. In all dem wird das Bewusstsein nicht dem<br />

geringsten Wandel unterzogen. Im Bewusstsein gibt es weder eine Erfahrung<br />

von Vergnügen oder von Schmerz, noch taucht die Idee von „Ich bin dies“ auf.<br />

Bewusstsein kennt keine Qualitäten wie Mut, Vergnügen, Wohlfahrt, Furcht,<br />

Erinnerung, Ruhm oder Pracht. Im Selbst wird all dies genauso wenig wahrgenommen<br />

wie die Füße einer Schlange in der Dunkelheit.<br />

BHUŚU×ÖA fuhr fort:<br />

Es gibt da einen Sprühregen von Nektar von Brahman, und dies betrachtet<br />

man als Schöpfung. Da jedoch Zeit und Raum in Wahrheit nicht existieren, ist<br />

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