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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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V:81<br />

damit nicht das innewohnende ewige Bewusstsein die Sterblichkeit zu erleiden<br />

hat. Sei der Beobachter von allem, der du in Wahrheit bist. Oh Gemüt!<br />

Zahllose Bilder werden von den Augen in Übereinstimmung mit ihrer natürlichen<br />

Funktion gesehen – weshalb lässt du dich hineinziehen? Auch wenn<br />

diese Bilderfolgen im Gemüt reflektiert und von ihm ausgewertet werden –<br />

weshalb reagierst du auf sie mit dem Ich-Sinn? Es gibt ohne jeden Zweifel<br />

eine intime Beziehung zwischen den Augen und ihren Objekten – aber weshalb<br />

musst du dich selbst anbieten und sie anerkennen? Wahrlich sind Bild,<br />

Sicht und Gemüt ohne jede Beziehung zueinander wie das Gesicht, der Spiegel<br />

und die Widerspiegelung. Und doch taucht irgendwie die illusorische Idee<br />

von „Ich sehe dies“ auf. Die Unwissenheit ist das Wachs, in dem all dies zusammen<br />

eingeschmolzen wird, aber die Selbsterkenntnis ist das Feuer, in<br />

dessen Hitze das Wachs wieder schmilzt!<br />

In der Tat geschieht es durch wiederholtes Denken, dass diese irrige Beziehung<br />

gekräftigt wird, aber nun werde ich sie durch rechte Ergründung zerstören.<br />

Sobald die Unwissenheit zerstört ist, taucht diese illusorische Beziehung<br />

zwischen Bild, Sicht und Gemüt niemals wieder auf. Das Gemüt allein<br />

liefert den Sinnen die nötige Intelligenz – folglich muss das Gemüt zerstört<br />

werden. Oh Gemüt – weshalb lässt du dich vergeblich durch die fünf Sinne<br />

erregen? Nur derjenige, der denkt: „Es ist mein Gemüt“, wird durch dich getäuscht.<br />

Du existierst überhaupt nicht, oh Gemüt. Mich kümmert nicht, ob du<br />

bleibst oder mich verlässt. Du bist unwirklich, leblos, illusorisch. Nur der<br />

Narr lässt sich von dir belästigen, nicht aber der weise Mensch. Das Verstehen<br />

setzt der Finsternis der Unwissenheit ein Ende. Verlasse diesen Körper, oh<br />

Gespenst, zusammen mit deinem Verlangen und deinen Emotionen wie dem<br />

Zorn. Oh Gemüt, heute habe ich dich umgebracht, denn ich habe erkannt, dass<br />

du in Wahrheit niemals existiert hast.<br />

Eine sehr lange Zeit hindurch hat dieses Gespenst des Gemüts zahllose böse<br />

Vorstellungen wie Lust, Zorn u.a. erzeugt. Da nun dieses Gespenst endlich<br />

gefallen ist, lache ich nur über meine eigene, vergangene Dummheit. Das<br />

Gemüt ist tot – alle meine Ängste und Besorgnisse sind tot – der Dämon Ich-<br />

Sinn ist ebenfalls tot. All dieses erlangte ich durch das Mantra der Selbst-<br />

Ergründung. Nun bin ich frei und glücklich. All meine Hoffnungen und Wünsche<br />

haben mich verlassen. Ich verneige mich vor meinem eigenen Selbst! Da<br />

ist keine Täuschung, keine Sorge, kein Ich und kein anderer mehr! Weder bin<br />

ich das Selbst noch irgendjemand sonst – ich bin Alles in Allem: Ich verneige<br />

mich vor meinem eigenen Selbst! Ich bin der Anfang. Ich bin das Bewusstsein.<br />

Ich bin alle Universen. Es gibt keinerlei Getrenntheit in mir. Verehrung für<br />

mein eigenes Selbst allein! Dem, was gleichermaßen allgegenwärtig in allen<br />

ist – dieser subtilen, innewohnenden Allgegenwart, dem Selbst, entbiete ich<br />

meine höchste Verehrung!<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, nachdem der weise Mensch auf diese Weise überlegt hat, sollte er<br />

in der folgenden Weise fortfahren:<br />

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