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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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ger vor ihr. Wenn die Welterscheinung als bloße Erscheinung erkannt wird,<br />

dann ruft sie weder Freude noch Leid hervor. Es ist in der Tat bedauerlich,<br />

dass die Menschen immer noch nach Sinnesvergnügen suchen, die nichts als<br />

großen Kummer hervorbringen, obwohl eine Schrift wie diese hier vorliegt.<br />

Oh Rāma – eine Wahrheit, die erläutert, aber noch nicht persönlich erfahren<br />

wurde, kann nur mit Hilfe einer Veranschaulichung erfasst werden. Solche<br />

Veranschaulichungen werden daher in dieser Schrift mit einem bestimmten<br />

Zweck und einer begrenzten Absicht verwendet. Sie dürfen weder wortwörtlich<br />

verstanden noch in ihrer Bedeutung über diese Absicht hinaus erweitert<br />

werden. Wenn die Schrift in diesem Sinne studiert wird, erscheint die Welt<br />

wie ein Traumbild. Eben dies ist der Zweck und die Absicht der Verbildlichungen.<br />

Möge daher niemand aufgrund eines entstellenden Verstandes die<br />

in dieser Schrift enthaltenen Veranschaulichungen missverstehen.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Eine Parabel hat nur den Zweck, den Zuhörer hin zur Wahrheit zu führen.<br />

Die Erkenntnis der Wahrheit ist so lebenswichtig, dass alle irgendwie vernünftigen<br />

Methoden gerechtfertigt sind, auch wenn die Parabeln rein fiktiv<br />

sind. Die Parabel selbst ist auf die mit ihrer Hilfe veranschaulichte Wahrheit<br />

nur teilweise anwendbar, und es ist nur dieser Teil, der erfasst werden sollte.<br />

Den Rest sollte man ignorieren. Das Studium und das Verstehen der Schrift<br />

mit Hilfe der Verbildlichungen und eines qualifizierten Lehrers sind nur so<br />

lange erforderlich, bis man die Wahrheit verwirklicht hat.<br />

Es sei noch einmal gesagt, dass ein Studium dieser Art bis zur Erkenntnis<br />

der Wahrheit fortgesetzt werden sollte – man sollte nicht vor dem Erlangen<br />

der Erleuchtung damit aufhören. Eine mangelhafte Kenntnis der Schrift ergibt<br />

nur größere Verwirrung. Die Nichterkenntnis der Existenz des höchsten<br />

Friedens im eigenen Herzen und der Glaube an eine Wirklichkeit eingebildeter<br />

Dinge sind beide aus mangelhaftem Wissen geboren und das Ergebnis<br />

einer verdrehten Denkweise.<br />

So wie der Ozean der Grund aller Wellen ist, so ist allein die direkte Erfahrung<br />

der Grund aller Beweise, nämlich die unmittelbare Erfahrung der Wahrheit,<br />

so wie sie ist. Die Basis ist die erfahrende und verstehende Intelligenz,<br />

die selbst zum Erfahrenden, zum Akt des Erfahrens und zur Erfahrung wird.<br />

Das Erfahren allein ist die Wirklichkeit. Im Zustand des Nicht-Verstehens<br />

jedoch scheint dieses Erfahren ein Subjekt zu haben (den Erfahrenden).<br />

Weisheit, die aus dem Geist der Selbsterforschung geboren ist, zerstreut<br />

dieses Nicht-Verstehen – so kann schließlich die ungeteilte Intelligenz in<br />

ihrem eigenen Licht erstrahlen. Auf dieser Stufe wird sogar der Geist der<br />

Selbsterforschung überflüssig und löst sich von selbst auf.<br />

So wie der Luft die Bewegung eigentümlich ist, so ist die Manifestation (in<br />

der Form des subtilen wahrnehmenden Gemüts und der wahrgenommenen<br />

groben Objekte) dieser erfahrenden Intelligenz eigentümlich. Der wahrnehmende<br />

Verstand denkt aufgrund der Unwissenheit: „Ich bin dieses oder jenes<br />

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