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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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V:59<br />

die Ergründung der Natur des Selbst. Daher sollte man seinen eigenen Verstand<br />

wie folgt erforschen: „Was sind dies für Stimmungen und Schwankungen<br />

und Gefühle, die da in mir auftauchen?“ Infolge dieser Ergründungen<br />

erweitert sich dein Verstand. Sobald du durch eine derartige Ergründung<br />

deine wahre Natur realisiert hast, wirst du nicht länger durch Frohlocken und<br />

Niedergeschlagenheit gestört. Das Gemüt gibt dann Vergangenheit und Zukunft<br />

und damit auch seine bruchstückhafte Funktionsweise auf. Dann wirst<br />

du den höchsten Frieden erfahren. Sobald du erst einmal in diesem Zustand<br />

der Stillheit wohnst, wirst du diejenigen bedauern, die in großem Reichtum<br />

und weltlicher Macht schwelgen. Sobald du die Selbsterkenntnis erlangt hast<br />

und dein Bewusstsein sich ins Unendliche ausgedehnt hat, fällt dein Gemüt<br />

nicht länger in die Dunggrube dieser Welt; ebenso wenig wie ein Elefant in<br />

eine Pfütze fallen würde. Es ist stets nur das kleine Gemüt, welches die kleinen<br />

Vergnügen und Lüste sucht.<br />

Das Gemüt gibt alles auf, sobald die Sichtweise des Höchsten erlangt wird.<br />

Daher sollte man entschlossen allem entsagen, bis man die höchste Sichtweise<br />

erlangt hat. Selbsterkenntnis wird nicht erlangt, bis man nicht allem entsagt<br />

hat – wenn sämtliche Gesichtspunkte aufgegeben worden sind, verbleibt<br />

nur das Selbst. Dies gilt sogar für alle weltlichen Bemühungen: man erhält<br />

nur dann das Objekt seiner Wünsche, wenn zuvor sämtliche Hindernisse<br />

beseitigt worden sind. Noch viel mehr gilt dies für die Selbsterkenntnis.<br />

Als der Weise Māï¬avya geendet und sich verabschiedet hatte, kontemplierte<br />

SURAGHU wie folgt:<br />

Was ist dies, was man als „Ich“ bezeichnet? Ich bin nicht der Berg Meru, der<br />

Berg Meru ist nicht mein. Ich bin weder der Bergstamm noch ist dieser mein.<br />

Dies hier ist nur, was mein Königreich genannt wird – hiermit gebe ich diese<br />

Idee auf. Nun bleibt noch diese Hauptstadt – weder bin ich diese Stadt noch<br />

ist sie mein. Folglich gebe ich auch diese Idee auf. Auf dieselbe Weise gebe ich<br />

alle meine Ideen betreffend meine Verwandtschaft auf – Frau, Sohn usw.<br />

Lass mich diesen Körper untersuchen. Ich bin nicht diese leblosen Substanzen<br />

wie Fleisch und Knochen, denn ich bin fühlend. Auch nicht bin ich das<br />

Blut oder die Tätigkeitsorgane. Alle diese sind leblose Substanzen, während<br />

ich fühlend bin. Ich bin weder die Freuden noch gehören mir diese an; auch<br />

nicht bin ich dieser Intellekt und die Sinnesorgane noch gehören diese mir an,<br />

denn sie sind leblos und ich selbst fühlend. Ich bin nicht das Gemüt, welches<br />

die Wurzelursache dieses unwissenden Zyklus von Geburt und Tod ist. Ich bin<br />

weder diese Fähigkeit zur Unterscheidung noch der Ich-Sinn, denn dies sind<br />

nur Ideen, die im Verstand auftauchen.<br />

Was bleibt dann übrig? Was verbleibt, ist der fühlende jīva. Jedoch ist dieser<br />

in die Subjekt-Objekt-Beziehung verstrickt. Was das Objekt der Erkenntnis<br />

oder des Verstehens ist, ist nicht das Selbst. Daher gebe ich das auf, was gekannt<br />

werden kann – das Objekt. Was nun noch verbleibt, ist das reine Bewusstsein<br />

frei vom Schatten des Zweifels. Ich bin das unendliche Selbst, denn<br />

es ist da keine Schranke für dieses Selbst. Sogar die Götter wie etwa Brahmā<br />

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