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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Wenn er sich an die Vergangenheit erinnert, wo er noch von Leidenschaft<br />

geschüttelt wurde, lacht er über seine eigene Unwissenheit. Er ist weit entfernt<br />

von schlechter Gesellschaft, frei von mentaler Verzweiflung, jedoch fest<br />

verankert in der Selbsterkenntnis. Er wird von allen verehrt, von allen gesucht,<br />

von allen gelobt, aber er verbleibt gleichgültig. Weder gibt er, noch<br />

nimmt er; weder beleidigt er, noch preist er jemanden; weder frohlockt er,<br />

noch trauert er. Er ist ein Weiser, befreit noch im Leben – der alle vorsätzlichen<br />

Tätigkeiten aufgegeben hat, der frei von der Konditionierung ist und alle<br />

Wünsche und Hoffnungen fahren gelassen hat. Oh Rāma, gib alle Wünsche auf<br />

und verbleibe im Frieden in dir selbst. Keine Freude in dieser Welt ist vergleichbar<br />

mit dem Entzücken, welche dein Herz erfüllen wird, sobald du alle<br />

Wünsche und Hoffnungen vollständig aufgegeben hast. Nicht in einem Königreich,<br />

nicht im Himmel, nicht in der Gesellschaft der Geliebten erfährt man<br />

dieses Entzücken, wie wenn man frei von Hoffnung ist.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Wer mit Wunschlosigkeit (Hoffnungslosigkeit) ausgestattet ist, der behandelt<br />

die ganze große Welt wie den Hufabdruck eines Kälbchens, den höchsten<br />

Berg wie den Stumpf eines gefällten Baumes, den Weltraum wie eine kleine<br />

Schachtel und die drei Welten wie einen Grashalm. Über die Aktivitäten der<br />

weltlich gesinnten Menschen lacht er nur. Mit wem oder was kann man eine<br />

solche Person vergleichen? Wie kann irgendetwas den Gleichmut einer Person<br />

erschüttern, die gänzlich frei von Gedanken ist wie „Ich wünschte, dies<br />

wäre mir geschehen“? Oh Rāma, es ist der Wunsch oder die Hoffnung, die uns<br />

in Bewegung hält, die wir auf das Rad der Weltillusion gebunden sind.<br />

Wenn du die Wahrheit erkennst, dass das Selbst allein all dieses ist und<br />

dass Vielfalt nur ein Wort ohne jede Substanz ist, dann wirst du vollkommen<br />

frei von Wunsch und Erwartung werden. Ein solcher Held, ausgestattet mit<br />

der höchsten Leidenschaftslosigkeit, vertreibt den Kobold der Illusion schon<br />

durch seine bloße Gegenwart. Er ist nicht vergnügt durch Vergnügen, nicht<br />

beunruhigt durch Schwierigkeiten. Sensationen bewegen ihn so wenig wie<br />

der Wind einen Berg entwurzeln kann. Die Zwillingskräfte der Anziehung und<br />

Abstoßung vermögen ihn nicht zu berühren. Auf alles schaut er mit demselben<br />

Gleichmut.<br />

Frei von der leisesten Anhaftung erfreut er sich dessen, was ungesucht zu<br />

ihm kommt, so wie die Augen ihre Objekte ohne Wunsch oder Hass anschauen.<br />

Daher erzeugen die Erfahrungen in ihm weder Jubel noch Leid. Obwohl er<br />

ausgiebig mit den alltäglichen Beschäftigungen in der Welt befasst zu sein<br />

scheint, wird sein Bewusstsein davon nicht im mindestens berührt. Was<br />

immer ihm gemäß der Gesetzmäßigkeiten von Zeit, Raum und Verursachung<br />

zustoßen mag, sei dieses nun erfreulich oder unerfreulich – innerlich verbleibt<br />

er stets unberührt.<br />

So wie ein Seil, das versehentlich für eine Schlange gehalten wurde, denjenigen<br />

nicht beunruhigen kann, der es als Seil und nicht als Schlange zu sehen<br />

vermag, so kehrt die einmal zerstörte Illusion nicht zurück, und so geht auch<br />

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