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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Freude. Mein Kind, dies ist eine besonders schöne Legende. Bitte denke immer<br />

an sie, denn so wirst du zu einem gebildeten Mann heranwachsen.<br />

Oh Rāma, als der kleine Junge dies hörte, war er ganz begeistert.<br />

Was als die Schöpfung der Welt bezeichnet wird, ist nicht wirklicher als diese<br />

Geschichte. Diese Welt ist nichts als reine Halluzination. Sie ist wahrhaftig<br />

nicht mehr als eine bloße Idee. Im unendlichen Bewusstsein tauchte irgendwann<br />

die Idee der Schöpfung auf – und so entstand dann diese Welt, wie sie<br />

ist. Oh Rāma, diese Welt ist nichts als eine Idee – sämtliche Objekte des Bewusstseins<br />

in dieser Welt sind nur eine Idee. Weise diesen Makel der Ideenbildung<br />

von dir und sei frei von Ideen. Verbleibe fest verwurzelt in der Wahrheit<br />

und erlange den Frieden.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Nur ein Tor, aber nicht der weise Mensch, wird von seinen eigenen Ideen<br />

irregeführt. Nur ein Tor denkt, dass das Unvergängliche vergänglich werden<br />

kann, und so wird er getäuscht. Der Ich-Sinn ist nichts als eine Idee, die auf<br />

der falschen Verknüpfung des Selbst mit physischen Elementen beruht. Wenn<br />

in all diesem nur eines als das unendliche Bewusstsein existiert – wie kann<br />

dann etwas wie der Ich-Sinn auftauchen? Tatsächlich existiert dieser Ich-Sinn<br />

nicht anders als die Luftspiegelung in der Wüste. Gib daher, oh Rāma, deine<br />

unvollkommene Sichtweise auf, die nicht auf Fakten basiert. Verbleibe in der<br />

vollkommenen Sicht, die die Natur der Seligkeit hat und auf der Wahrheit<br />

gründet.<br />

Erforsche die Natur der Wahrheit. Gib die Falschheit auf. Du bist immer frei<br />

– weshalb nennst du dich selbst gebunden und trauerst? Das Selbst ist unendlich<br />

– weshalb, wie und durch wen sollte es gebunden sein? Im Selbst gibt es<br />

keinerlei Getrenntheit, da dieses absolute Brahman alles ist, was es gibt. Was<br />

heisst Bindung, und was heißt Befreiung? Nur im Zustand der Unwissenheit<br />

denkst du, dass du leidest, obwohl du in Wahrheit unberührt vom Schmerz<br />

bist. Diese Dinge existieren einfach nicht im Selbst.<br />

Lass den Körper fallen oder erstehen oder sogar in ein anderes Universum<br />

wandern. Ich bin nicht auf diesen Körper beschränkt – wie kann ich dann von<br />

all diesem berührt werden? Die Beziehung zwischen dem Körper und dem<br />

Selbst ist wie die Beziehung zwischen einer Wolke und dem Wind, wie zwischen<br />

dem Lotos und der Biene. Sobald die Wolke aufgelöst ist, wird der<br />

Wind eins mit dem unendlichen Raum. Wenn der Lotos verblüht, fliegt die<br />

Biene in den Himmel hinauf und davon. Das Selbst wird nicht zerstört, wenn<br />

der Körper vergeht. Nicht einmal das Gemüt hört auf – es vergeht erst, wenn<br />

es im Feuer der Selbsterkenntnis verbrannt wird.<br />

Der Tod ist nur die Verschleierung des immer gegenwärtigen Selbst durch<br />

Zeit und Raum. Nur Toren fürchten den Tod.<br />

Gib deine latenten Neigungen auf dieselbe Weise auf, wie ein Vogel, der in<br />

den Himmel fliegen will, seine Eierschale durchbricht. Geboren aus der Unwissenheit,<br />

sind diese Tendenzen schwer zu zerstören – sie geben Anlass zu<br />

III:102<br />

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