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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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V:72<br />

(Nachdem der Weise Vāsi«Âha so gesprochen hatte, endete ein weiterer Tag,<br />

und die Versammlung löste sich für die Abendgebete auf.)<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, weder wirst du geboren, wenn der Körper geboren wird, noch<br />

stirbst du, wenn dieser stirbt. Zu glauben, dass der Raum in einem Topf ins<br />

Dasein kam, als dieser gefertigt wurde, und dass der Raum dann mit dem<br />

Topf zerbricht, ist völlige Torheit. Außerdem ist das innewohnende Bewusstsein<br />

frei von den Ideen des Wünschenswerten und des Nicht-<br />

Wünschenswerten in Bezug auf Körper, Gemüt und Sinne. Das innewohnende<br />

Bewusstsein tritt mit diesen so in Kontakt, wie Reisende in einem Gasthaus<br />

oder Baumstämme in einem Fluss aufeinander treffen und sich wieder trennen<br />

– das Zusammentreffen oder Trennen ruft im Bewusstsein keinerlei<br />

Glück oder Unglück hervor. Weshalb frohlocken oder trauern die Menschen<br />

dann unter diesen Umständen?<br />

Das Selbst erscheint aufgrund seiner unwissenden Selbstbegrenzung als<br />

das Gemüt so, als würde es von den Objekten in der Welt berührt werden,<br />

aber dasselbe Selbst, einmal zu seiner wahren Natur erwacht, gibt seine aus<br />

Unwissenheit geborene Getäuschtheit auf und erlangt die Selbsterkenntnis.<br />

Dann sieht das Gemüt den Körper wie aus großer Höhe. Den Körper als eine<br />

Zusammensetzung von Elementen erkennend, transzendiert es das Körperbewusstsein<br />

und wird erleuchtet.<br />

Ein solch erleuchteter Mensch ist unberührt von der Weltlichkeit oder Unwissenheit,<br />

und zwar sogar dann, wenn er in dieser Welt tätig ist. Er ist durch<br />

nichts in dieser Welt angezogen oder abgestoßen. Er weiß: „Was als das 'ich'<br />

und in den drei Perioden der Zeit als 'die Welt' bezeichnet wird, ist nichts als<br />

die Erweiterung der Verbindung zwischen dem reinen Erfahrenden und der<br />

Erfahrung selbst.“ Ob das Objekt des Erfahrens real oder irreal ist, hängt<br />

gänzlich vom Erfahren ab – wie kann es dann noch Freude oder Kummer<br />

geben? Das Falsche ist falsch, das Wahre ist wahr – und eine Vermischung<br />

dieser beiden ist sicherlich falsch! Lass dich nicht täuschen. Gib die falsche<br />

Wahrnehmung auf und erkenne die Wahrheit – dann wirst du niemals wieder<br />

getäuscht werden.<br />

Alles was ist, ist nur die Beziehung zwischen reinem Erfahren und seiner<br />

Erfahrung. Diese Erfahrung ist wahrhaftig die Wonne der Selbst-Seligkeit. Sie<br />

ist reines Erfahren selbst. Daher wird dies als Brahman das Absolute bezeichnet.<br />

Diese Wonne, die im Kontakt dieses reinen Erfahrens mit der Erfahrung<br />

entsteht, ist die höchste: Für den Unwissenden ist sie Weltlichkeit, und<br />

für den Weisen ist sie Befreiung. Dieses reine Erfahren ist das unendliche<br />

Selbst. Sobald es sich den Objekten zuneigt, wird es zur Bindung; wenn es<br />

jedoch frei ist, ist es Befreiung. Wenn ein solches Erfahren frei von Verfall<br />

oder Neugierde ist, dann ist es Befreiung. Und sobald dieses Erfahren sogar<br />

noch frei von diesem Kontakt (der Subjekt-Objekt-Beziehung) ist, dann hört<br />

die Welterscheinung gänzlich auf. Dann taucht das turīya-Bewusstsein oder<br />

der „Tiefschlaf im Wachzustand“ auf.<br />

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