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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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VI.1:56<br />

durchdringt, ist unverderblich. Die Körper gelangen an ihr Ende, aber das<br />

Selbst (das unendliche Bewusstsein) ist ewig. Das Selbst oder das unendliche<br />

Bewusstsein ist eines und nicht-dual. Was verbleibt, sobald aller Sinn für die<br />

Dualität verloren ist, ist das Selbst, das ist die höchste Wahrheit.<br />

ARJUNA fragt;<br />

Was, oh Höchster Herr, ist dann der sogenannte Tod, und was ist, was man<br />

Himmel und Hölle nennt?<br />

Der HÖCHSTE HERR erwiderte:<br />

Der jīva oder die lebendige Seele oder Persönlichkeit lebt in einem Netz, das<br />

aus den Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum) und auch dem Gemüt<br />

und dem Intellekt geknüpft ist. Dieser jīva wird durch die latenten Neigungen<br />

(vergangene Eindrücke, Erinnerungen usw.) umhergetrieben, da er<br />

sich im Käfig namens Körper aufhält. Im Verlaufe der Zeit altert der Körper<br />

und der jīva verlässt den Körper, so wie der Saft aus einem gepressten Blatt<br />

austritt. Er nimmt die Sinne und das Gemüt mit sich und gibt den Körper auf,<br />

so wie Duft seine Quelle verlässt und davonzieht. Der Körper des jīva ist<br />

nichts anderes als die vāsanās oder die verbleibenden Eindrücke, die im<br />

Körper gewonnen wurden. Sobald der jīva den Körper verlässt, wird dieser<br />

leblos – dann nennt man ihn „tot“.<br />

Während er im Raume umherzieht, sieht der jīva, der die Natur des prāïa<br />

oder der Lebenskraft hat, die Formen, die durch seine vergangenen vāsanās<br />

oder Eindrücke heraufbeschworen werden. Diese früheren Eindrücke werden<br />

nur durch intensive Selbst-Erforschung zerstört. Auch wenn die Berge pulverisiert<br />

werden und die Welten verschwinden, sollte man niemals die Eigenbemühung<br />

aufgeben. Auch Himmel und Hölle sind nichts als Projektionen<br />

dieser Eindrücke oder vāsanās.<br />

Diese vāsanās entstehen aus Unwissenheit und Torheit und hören nur in<br />

der Morgendämmerung der Selbsterkenntnis auf. Was ist der jīva schon anderes<br />

als vāsanā oder mentale Konditionierung, die wiederum nichts als leere<br />

Vorstellungen oder Gedankenformen sind? Wer fähig ist, diese vāsanās aufzugeben,<br />

während er noch in dieser Welt und in diesem Körper lebt, der wird<br />

als befreit bezeichnet. Wer nicht vermag, diese vāsanās aufzugeben, befindet<br />

sich in Bindung, auch wenn er ein großer Gelehrter ist.<br />

Der HÖCHSTE HERR fuhr fort, Arjuna zu unterweisen:<br />

Sei eine befreite Seele, indem du die mentale Konditionierung aufgibst. Sei<br />

im Innern ruhig und kühl, und gib die durch Beziehungen entstehenden Sorgen<br />

auf. Gib den leisesten Zweifel betreffend Alter und Tod auf, entwickle eine<br />

Sichtweise, die so weit wie der Himmel ist, und sei frei von der Anziehung<br />

und auch von der Abstoßung. Führe die Handlung aus, welche natürlich für<br />

dich ist. Nichts geht hier zugrunde. Darin besteht die Natur eines befreiten<br />

Weisen. Nur der Narr denkt: „ich werde dies tun“ oder „ich werde dies lassen“.<br />

Die Sinne des befreiten Weisen sind auf natürliche Weise fest in seinem<br />

Herzen verankert. Es ist das Gemüt (Herz), welches das Gemälde der drei<br />

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