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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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VI.2:26<br />

„Objekte des Bewusstseins“. Was durch Erkenntnis gekannt wird, ist nicht<br />

verschieden von dieser Erkenntnis – das Unbekannte wird nicht gekannt!<br />

Bewusstsein ist der gemeinsame Faktor im Subjekt, im Prädikat (kennen)<br />

und dem Objekt – folglich gibt es da nichts anderes als Erkenntnis oder Bewusstsein.<br />

Wäre es anders, dann könnte es kein Erfassen (d.h. von zwei völlig<br />

verschiedenen Substanzen) geben. So sind sogar Holz und Stein von der essenziellen<br />

Natur des Bewusstseins, sonst könnten sie nicht wahrgenommen<br />

werden. Was auch immer in dieser Welt ist, ist reines Bewusstsein. Obgleich<br />

Objekte wie Holz und Wachs unterschiedlich zu sein scheinen, sind sie vom<br />

Blickwinkel des Beobachters aus nicht verschieden, denn es ist der gleiche<br />

Beobachter, der beide beobachtet, und der Beobachter ist Bewusstsein.<br />

Der Ich-Sinn, der die Vielfalt wahrnimmt, ist der Schöpfer der Getrenntheit.<br />

Der Ich-Sinn bedeutet Bindung, sein Aufhören bedeutet Befreiung. Alles ist so<br />

einfach. Worin besteht die Schwierigkeit? Diese Getrenntheit ist so „aufgetaucht“<br />

wie der doppelte Mond des Fehlsichtigen. Wie kann man in diesem<br />

Fall sagen, sie sei „aufgetaucht“? Es ist einfach falsch. Bewusstsein und Leblosigkeit<br />

können in keiner Beziehung zueinander stehen. Bewusstsein kann<br />

nicht zu Unbewusstsein werden. Es ist Bewusstsein allein, das irgendwie<br />

glaubt, es sei leblos. Anschließend hüpfen all diese Begrenztheiten in die<br />

Materialität hinein wie ein Stein, der vom Berggipfel herunterrollt.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Wer auf diese Illusion der Welterscheinung hereinfällt, wird unverzüglich<br />

die Beute zahlloser weiterer Illusionen, die der ursprünglichen Illusion entspringen,<br />

wie Insekten nach einem Regen. Das Gemüt ist wie ein Wald im<br />

Frühling. So voll ist es aufgrund der vielen Ideen und Konzepte, dass in ihm<br />

dichte Finsternis herrscht. Aufgrund der Selbstbegrenzung oder Unwissenheit<br />

werden die Menschen zahllosen Erfahrungen von Vergnügen und<br />

Schmerz in dieser Welt unterzogen.<br />

Zwischen dem Weisen und dem Mond gibt es keinen Unterschied – beide<br />

strahlen Freude aus. Sie sind friedlich, kühl und still, voll von unsterblich<br />

machendem Nektar und helfen dabei, zu sehen. Es gibt keinen Unterschied<br />

zwischen dem Unwissenden und dem Kind – beide werden in ihrem Leben<br />

von Launen und Grillen umhergetrieben und bedenken nicht, was war oder<br />

sein wird; rechtes Betragen kennen sie nicht.<br />

Niemand, vom Schöpfer bis hin zum kleinsten Insekt, kann höchsten Frieden<br />

erlangen, solange er nicht die vollkommene Beherrschung des Gemüts<br />

erlangt. Durch bloße Ergründung der Natur der Bindung hört diese auf zu<br />

sein; so wie die Hindernisse auf dem Weg denjenigen nicht behindern, der<br />

ihrer gewahr ist. Gespenster verfolgen denjenigen nicht, der umsichtig und<br />

wach ist. Sobald du die Augen schließt, ist die Sicht auf die Welt ausgelöscht.<br />

Entfernst du die Idee der Welt aus deinem Bewusstsein, dann existiert allein<br />

das reine Bewusstsein. Dieses reine Bewusstsein existiert auch jetzt als einziges,<br />

denn die Welt ist nur eine unwirkliche Erscheinung, die aufgrund einer<br />

kleinen Erregung im Bewusstsein entstanden ist. Sie ist sozusagen die Schöp-<br />

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