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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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leblosen und unbeweglichen Objekten wie Felsen usw. betrachtet werden. Sie<br />

sind nicht frei von der Selbst-Begrenzung (vāsanā), sondern diese ist latent in<br />

ihnen verborgen, so wie Blumen latent in den Samen verborgen liegen (und<br />

keimen, wachsen und Blumen hervorbringen) oder wie Töpfe im Lehm. Wo<br />

aber die Samen der vāsanās (Selbst-Begrenzung, Konditionierungen oder<br />

Neigungen) existieren, dort ist der Zustand des Tiefschlafs. Das ist nicht die<br />

Vollkommenheit. Sind aber alle vāsanās vernichtet und existiert nicht einmal<br />

mehr die Potentialität von vāsanās, dann nennt man diesen Zustand den<br />

vierten und transzendentalen (d.h. jenseits von Wachen, Träumen und Tiefschlaf).<br />

Dieser führt die Vollkommenheit herbei. Vāsanās, Feuer, Schulden,<br />

Krankheit, Feinde, Freundschaft (bzw. Leim), Hass und Gift – alle diese Dinge<br />

verursachen Leiden, wenn nach ihrer Beseitigung auch nur kleinste Restbestände<br />

zurückbleiben.<br />

Andererseits ist man im Zustand des reinen Seins verankert, wenn alle<br />

vāsanās vollständig beseitigt worden sind – und man wird nie wieder von<br />

Sorge übermannt, ob man nun lebt oder nicht. Cit-śakti (die Bewusstseinsenergie)<br />

liegt verborgen in den unbeweglichen Kreaturen usw. als latentes<br />

vāsanā. Es dieses cit-śakti, welches die Natur jedes einzelnen Objekts bestimmt;<br />

es ist die fundamentale Eigenschaft sogar der Moleküle jedes einzelnen<br />

Objekts.<br />

So lange dieses nicht als ātma-śakti (die Energie des Selbst oder das unendliche<br />

Bewusstsein) erkannt wird, erzeugt es die Illusion der Welterscheinung.<br />

Wird es als die Wahrheit realisiert, welche das unendliche Bewusstsein ist,<br />

dann vernichtet diese Erkenntnis sämtlichen Kummer. Diese Wahrheit nicht<br />

zu sehen, bedeutet avidyā oder Unwissenheit – und diese Unwissenheit ist die<br />

Ursache der Welterscheinung, die wiederum die Quelle aller weiteren Phänomene<br />

ist. So wie das Auftauchen des ersten Gedankens den Schlaf stört und<br />

beendet, so zerstört das leiseste Erwachen der inneren Intelligenz die Unwissenheit.<br />

Wenn man sich der Finsternis mit einer Lampe in der Hand nähert,<br />

um sie anzuschauen, dann verschwindet die Finsternis. Wird das Licht der<br />

Ergründung auf die Unwissenheit gerichtet, dann verschwindet die Unwissenheit.<br />

Wenn man zu fragen beginnt: „Was ist dieses ‚Ich‘ in diesem Körper<br />

aus Fleisch, Blut, Knochen usw.?“ dann hört die Unwissenheit sofort auf. Was<br />

einen Anfang hat, hat auch ein Ende. Wenn sämtliche Dinge, die einen Anfang<br />

haben, ausgeschlossen werden, dann verbleibt als einziges die Wahrheit, die<br />

das Ende von avidyā oder Unwissenheit bedeutet. Du magst es als ein Ding<br />

oder ein Nicht-Ding ansehen, aber man muss das suchen, was IST, wenn die<br />

Unwissenheit vernichtet ist. Die Süße, die man schmeckt, wird nicht von<br />

jemand anderem genossen – die Beschreibung vom Ende von avidyā anzuhören,<br />

bewirkt nicht deine eigene Erleuchtung. Jeder muss es selbst realisieren.<br />

In Kürze, avidya besteht in dem Glauben, dass „es eine Realität gibt, die nicht<br />

Brahman oder das kosmische Bewusstsein ist“. Sobald es eine gewisse Erkenntnis<br />

gibt, dass „dies in der Tat Brahman ist“, hört avidyā auf.<br />

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