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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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das Gemüt die äußerste Stille erlangen? Wann wird die illusorische Trennung<br />

zwischen der subjektiven und objektiven Erfahrung enden aufgrund der<br />

Erfahrung des unendlichen Bewusstseins? Wann werde ich in der Lage sein,<br />

dieses Konzept namens Zeit anzuschauen, ohne in es involviert zu sein? Wann<br />

werde ich in einer Höhle leben mit einem Gemüt in äußerster Ruhe, und wie<br />

ein Felsen sein in dem Zustand, in dem es überhaupt keine Gedankenbewegungen<br />

mehr gibt?<br />

So nachdenkend setzte Uddālaka seine Praxis der Meditation fort. Sein Gemüt<br />

blieb aber unruhig. An manchen Tagen jedoch gab sein Gemüt die äußeren<br />

Objekte auf und ruhte in einem Zustand der Reinheit. An anderen Tagen<br />

wiederum befand es sich in einem Zustand großer Unruhe. Stark verunsichert<br />

von diesen wechselnden Stimmungen, durchwanderte Uddālaka den<br />

Wald. Eines Tages kam er zu einem einsamen Platz, wo zuvor noch niemand<br />

gewesen war. Dort sah eine Höhle, die wie geschaffen war für das Erlangen<br />

von höchstem Frieden und Stille. Es war ein wunderschöner Ort mit herrlichen<br />

Pflanzen und Blumen überall, mit einem milden Klima, und er sah aus,<br />

als wäre er aus einem Smaragd herausgearbeitet worden.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Uddālaka betrat die wunderschöne Höhle und saß dort in der Meditationshaltung.<br />

In der Absicht, einen Geisteszustand ohne alle Bewegung von Gedanken<br />

zu erreichen, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die unterschwelligen<br />

Neigungen seines Gemüts.<br />

UDDALĀKA dachte in sich wie folgt nach:<br />

Oh Gemüt! Was hast du zu schaffen mit dieser Welterscheinung? Weise<br />

Menschen meiden den Kontakt mit dem, was Vergnügen genannt wird und<br />

sich nur zu bald in Schmerz verwandelt. Wer den höchsten Frieden, der nur<br />

im eigenen Innern liegt, leichtfertig aufgibt und nach Sinnesvergnügen sucht,<br />

verlässt seinen herrlichen Garten und gerät in ein Feld voller giftiger Kräuter.<br />

Du magst gehen, wohin du möchtest – niemals wirst du den höchsten Frieden<br />

genießen außer durch vollkommene Stille. Gib daher sämtliche Hoffnungen<br />

und Wünsche auf. Denn alle diese scheinbar so wundervollen Objekte in der<br />

Natur sind, seiend oder nicht-seiend, nicht zu deinem Wohlergehen da.<br />

Ende nicht wie der Hirsch, der wegen des Klanges von Musik und Glocken<br />

in die Falle gerät; verende nicht wie der Elefant, der mit Hilfe des weiblichen<br />

Elefanten gefangen wird; ende auch nicht wie der Fisch, dessen Geschmackssinn<br />

den Tod am Angelhaken herbeiführt; ende nicht wie die Motte, die von<br />

der Flamme angelockt wird und darin umkommt; ende auch nicht wie die<br />

Biene, deren Geruchssinn sie zur Blume führt, in der sie gefangen wird und<br />

stirbt, wenn sich die Blume zur Nachtzeit schließt.<br />

Oh närrisches Gemüt! Alle diese kamen um, weil sie sich der Anziehungskraft<br />

nur eines einzigen Sinnes hingegeben hatten: Der Hirsch durch den<br />

Gehörsinn, die Biene durch den Geruchssinn, die Motte durch den Gesichtssinn,<br />

der Elefant durch den Berührungssinn und der Fisch durch den Ge-<br />

V:52<br />

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